
Im Caritas Café in Feldkirch wurde die aktuelle Lage mit ungewohnter Dringlichkeit beschrieben. „In meinen zehn Jahren bei der Caritas war mir diese Pressekonferenz noch nie so wichtig wie heuer“, sagte Walter Schmolly gleich zu Beginn. Die Zahl jener, die mit ihrem Einkommen kein Auskommen finden, bleibe hoch – während im Sozialbereich gleichzeitig an vielen Stellen gespart werde.
„Wir gehen auf den Winter und auf Weihnachten zu“, so Schmolly. „Gerade jetzt wünschen wir uns, dass alle Familien zuversichtlich leben können – in der Gewissheit, dass die Entbehrungen, mit denen sie Tag für Tag kämpfen, kein ewiges Schicksal sind.“ Rund 1.000 armutsbetroffene Haushalte werden in den kommenden Monaten Unterstützung suchen. „Ihnen wollen wir helfen – und dafür brauchen wir Spenden“, appellierte Schmolly eindringlich.
Was Armut konkret bedeutet, schilderten zwei Caritas-Mitarbeiterinnen aus ihrer täglichen Arbeit.
Patricia Wieser, Sozialarbeiterin im Caritas Café, erzählte von einer jungen Frau, die seit Jahren auf der Straße lebt. Gewalt, Sucht und der Verlust der Kinder prägen ihr Leben. „Ihre größte Motivation für Veränderung sind ihre Kinder – aber die Sucht ist zu stark. Sie lebt mit ihrem Partner in einem nassen Bretterverschlag, kommt aber täglich zu uns ins Café. Hier hat sie einen warmen Raum, Sicherheit, ein Stück Würde.“
Auch Stephanie Marino, Beraterin bei Existenz & Wohnen, erlebt die Folgen steigender Kosten hautnah: „Viele unserer Klient:innen geben mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Miete aus. Besonders Alleinerziehende kämpfen ums Überleben.“ Eine Mutter, die aus einer gewalttätigen Beziehung flüchtete, habe monatelang auf Unterstützungsleistungen warten müssen. „Solange sie noch verheiratet war, hatte sie keinen Anspruch auf Wohnbeihilfe. Der Mann zahlte keinen Unterhalt. Wochenlang wusste sie nicht, wie sie den Kühlschrank füllen soll.“ Mit Beratung, Beihilfen und Überbrückungshilfen konnte die Caritas zumindest kurzfristig helfen. „Aber solche Geschichten zeigen, wie eng das Netz geworden ist“, so Marino.
Seit 2021 hat sich die Zahl der Menschen in manifester Armut in Österreich mehr als verdoppelt – von 1,8 auf 3,7 Prozent. Das entspricht in Vorarlberg bis zu 14.000 Betroffenen. Besonders dramatisch ist die Lage für Kinder: Rund fünf Prozent der Kinder leben in Armut, vor allem in Ein-Eltern-Haushalten und Familien mit mehreren Kindern.
„In den ersten drei Quartalen dieses Jahres waren vier von zehn Personen, die wir unterstützt haben, Kinder“, so Schmolly. Eine aktuelle Caritas-Studie belegt zudem: Zehn Prozent der alleinerziehenden Frauen und fünf Prozent der alleinlebenden Pensionist:innen leben in manifester Armut. Frauen, die unbezahlte Sorgearbeit leisten, geraten bei Trennung oder Krankheit besonders leicht in die Armutsfalle.
Die Caritas fordert entschlossenes politisches Handeln. „Wir sehen, dass viele kleine Verschlechterungen in Summe eine große Wirkung haben“, erklärte Schmolly. „Gehälter werden unter der Inflationsrate erhöht, Sozialleistungen nicht angepasst, die Wohnkostensätze in der Sozialhilfe nicht valorisiert. Gleichzeitig steigen die Lebensmittelpreise überdurchschnittlich stark.“
Diese Entwicklungen verschärften die Not zusätzlich. „Gerade in einer Zeit, in der im Sozialen gespart wird, muss die Überwindung von Armut politisch Priorität haben“, betonte Schmolly.
Neben der Politik sieht Schmolly aber auch die Gesellschaft in der Verantwortung: „Als Zivilgesellschaft sind wir ein wichtiges Rückgrat für soziale Sicherheit in diesen unruhigen Zeiten. Fangen wir gemeinsam armutsbetroffene Menschen auf!“
Mit Spenden will die Caritas in den kommenden Wochen 1.000 Familien in Vorarlberg helfen – durch Lebensmittelgutscheine, Überbrückungshilfen und persönliche Beratung.
Spendenkonto Caritas Vorarlberg:
Raiffeisenbank Feldkirch – IBAN: AT32 3742 2000 0004 0006
Kennwort: Caritas Inlandshilfe 2025
Online: www.caritas-vorarlberg.at