Hoch über den Dächern der Blumenegg-Gemeinde Ludesch thront im Ortsteil Barx die St. Martinskirche. Am Jakobsweg gelegen lädt das Kleinod mit seinem traumhaften Weitblick in den Walgau zum Innehalten und zur Ruhe kommen ein.
Einer der die St. Martinskirche kennt wie kaum ein anderer ist Herbert Moser. Der Ludescher, der unweit der denkmalgeschützten Kirche lebt, verwaltet seit 15 Jahren die Schlüssel zum Gotteshaus. „Mit meinem Pensionsantritt habe ich dieses Amt übernommen. Damit einher ging auch die Aufgabe, Kirchenführungen durchzuführen“, erzählt der Pensionist. Gekonnt vermittelt der rhetorisch versierte Kirchenkenner allerhand Wissenswertes über das idyllisch gelegene Kirchlein.
Lange Anreise
Im Jahr 842 erstmals urkundlich erwähnt, war die St. Martinskirche bis 1640 Pfarrkirche nicht nur von Ludesch sondern auch des südlichen Walsertals – sprich Raggal und Marul – als auch von Gargellen. „Für den Besuch des Sonntagsgottesdienstes mussten die Leute aus dem Montafon damals einen Marsch von neun Stunden – ein Weg wohlgemerkt – auf sich nehmen“, gibt er einen spannenden Einblick in die Kirchenhistorie. Heute dient die einstige Pfarrkirche hl. Martin als Filialkirche. „Es werden nur mehr einige wenige Gottesdienst hier abgehalten. Dafür ist die Kirche bei Pilgern sehr beliebt und auch so mache Taufe und Hochzeit wird hier gefeiert“, erzählt der Herr über die Kirchenschlüssel.
Turm versetzt
Im Laufe der Jahre war das Sakralgebäude immer wieder vergrößert bzw. umgebaut worden. „Im Jahr 1615 wurde etwa der Glockenturm auf der Nordseite von einer Lawine massiv beschädigt“, weiß Herbert Moser zu berichten. Um den Turm vor weiteren Schäden zu bewahren wurde dieser kurzerhand an die Südseite des Kirchengebäudes versetzt. Heute besteht das Gotteshaus, um das es auch einige Sagen gibt, aus drei Ebenen: dem Turm, der Kirche und dem Altarraum.
Innenraum
Im Inneren weist die einstige Pfarrkirche eine Vielzahl an kunsthistorisch bedeutsamen Werken auf, die überwiegend zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert geschaffen wurden. Beim Betreten des Innenraums stechen dem Besucher zunächst jedoch die rund 500 Jahre alten Kirchenbänke ins Auge, die in eine Männer- und eine Frauenseite aufgeteilt sind. Die Wandmalerei auf der Südseite, die den Marienzyklus zeigt, entstand 1480 und wurde in Seccotechnik (Malen auf trockenen Putz) ausgeführt. „Gegenüber wurde vom hiesigen Künstler Andreas Spindler im Jahr 1616 der Passionszyklus dargestellt“, weiß Moser.
Hoch über dem Kirchenraum ziert ein romanischer Christus, der ca. 1170 einstanden ist, den Chorbogen. „Auffallend dabei ist, dass die Füße Jesu nicht angenagelt sind, sondern er auf dem Schädel Adams steht. Zudem wird Jesus, als Sieger über Leben und Tod, mit offenen Augen dargestellt“, beschreibt der Kirchenkenner das Kruzifix, das zu den bedeutendsten Werken aus dieser Epoche in Vorarlberg zählt. Mit der hölzernen Kanzel, den prunkvollen Flügelaltären, dem Volksaltar aus italienischem Marmor von Künstler Herbert Albrecht und dem sandsteinernen Sakramentshäuschen verfügt die Filialkirche über weitere Schätze. Ganz zu schweigen vom rund fünf Meter hohen Hochaltar. Kein Wunder also, dass die St. Martinskirche einst auch eine beliebte Wallfahrtskirche war.
Alarmgesichert
Unglücklicherweise war das Gotteshaus in der Vergangenheit immer wieder Opfer von Diebstählen. „So wurde etwa die Figur der Hl. Apolonia entwendet“, weiß Herbert Moser. Heute ziert daher eine Replik den Altarraum unter dem Rosenkranzkreuz. Auch das emaillierte Vortragekreuz ist eine Kopie. Aus diesem Grund ist der Kirchenraum alarmgesichert und das Gotteshaus - im Gegensatz zu den meisten Kirchen in Vorarlberg - nicht frei zugänglich. Neben den Gottesdienstzeiten bestehen für die Kirche allgemeine Öffnungszeiten. Diese sind von Mai bis September jeweils am ersten Sonntag im Monat von 14 bis 16 Uhr. Wer sich zu einem anderen Zeitpunkt ein Bild von Innenraum der Kirche machen möchte, kann sich gerne an das Pfarrbüro Ludesch (05550 3383) wenden oder direkt mit Herbert Moser (05550 4486) in Kontakt treten.