„Und wie läuft das bei euch so?“ - eine Frage, die den Abend im Rankweiler Mesnerstüble rund um das Thema Begräbnisrituale im Christentum und Islam beherrschte - und zeigte: so unterschiedlich sind „wir Religionen“ gar nicht.

Seit 1969 ist Ali Can in Vorarlberg - seit 2003 unterstützt er seine muslimischen Landsfrauen und -männer als islamischer Bestatter auf ihrem „letzten Weg“. Und der muss nicht unbedingt auf den einzigen islamischen Friedhof Vorarlbergs nach Altach führen, sondern kann in Form einer Überführung auch eine Route über den Flughafen „zurück in die Heimat“  z.B. in die Türkei nehmen.

Schnell

Egal wohin die letzte Reise führt, sie sollte möglichst schnell gehen, erzählen Can und seine Tochter Yurdagül Canbaz aus dem Bestatteralltag. Nachdem der Leichnam traditionell gewaschen und mit Rosenwasser behandelt wurde, wird er gut abgetrocknet  und in Leintücher gewickelt - immer begleitet von Gebeten - von Suren aus dem Koran. Im Islam werde man eigentlich ohne Sarg beerdigt - mit dem Kopf Richtung Mekka, erzählen die beiden. Weil das in Österreich nicht möglich ist, werden die Verstorbenen hier leicht auf die rechte Schulter gekippt in den Sarg gelegt. Statt eines aufwändigen Gottesdienstes wird gemeinsam rund 15-20 Minuten stehend gebetet und der Grabstein ist meist eher schmucklos, werden Unterschiede zum Christentum klar.

Gräber

„Wir brauchen Orte, um uns zu verabschieden und mit den Verstorbenen in Kontakt zu bleiben“, betont Pfarrer Walter Juen die Relevanz christlicher Gräber. Und es sei wichtig, sie beim Namen zu nennen, schlägt er eine Brücke von der Taufe zum Grabstein. Gemeinsam werden „christliche Rituale“ wie die Totenwache, Kondolenzkarten, Sterberosenkranz, schwarze Kleidung und die Totenglocke mit all ihren Bedeutungen beleuchtet.

Von Totenglocken und sozialen Medien

Man könne an der Dauer des Glockenläutens erkennen, ob ein Mann oder eine Frau gestorben sei, bestätigt Mesner Martin Salzmann. Bei Frauen dauert es drei Vaterunser, bei Männern vier - "die brauchen eines mehr", wird gelacht. Früher habe man zudem auch die Zunftglocke geläutet, anhand deren Klanges dann klar war, ob z.B. ein Bäcker oder ein Schuster verstorben sei. Es handle sich aber keinesfalls um ein "in den Himmel läuten", betont Juen, sondern darum den Verstorbenen gute Gedanken nachzuschicken.

„Gibt es bei euch eigentlich auch Todesanzeigen?“, will Moderator und Theologe Hans Rapp von Can wissen. In der Türkei werde man quasi über das Minarett verständigt, „aber hier haben wir facebook und Whatsapp“, grinst der Bestatter. Man warte nicht auf eine Einladung, sondern sage es einfach jedem, der es wissen müsse, weiter, so Canbaz.

Zurück in die Heimat

„Alles was man aus dem Koran liest, ist gut und ein Begleiter für die Seele“, unterstreicht Canbaz die Relevanz des Gebets. „Beten für den oder die Verstorbene bedeutet ihnen gute Gedanken mitzugeben - auch für sich selbst“, bestätigt auch Juen und betont wie wichtig Berührungen und gute Worte sind - schließlich würden Tast- und Hörsinn am längsten nachwirken. „Mir kommt vieles sehr bekannt vor“, lächelt Canbaz auch, wenn es um das Thema Totenmahl geht. Im Islam wie im Christentum wird nach der Beerdigung zum "gemeinsamen Mahl" eingeladen - "Leib und Seele" bilden schließlich eine Einheit, so Juen, genauso wie Lebende und Verstorbene.

Nur die engste Familie komme am siebten Tag nach dem Tod zusammen um gemeinsam zu essen und aus dem Koran zu lesen, erzählt Can. Rund 40 Tage und 52 Tage später gebe es aber eine Essensfeier mit Angehörigen und den Verstorbenen zu bedanken und gemeinsam zu essen.

Überführen ist billiger als hier zu bestatten

Viel verbindendes kommt an diesem Abend zum Vorschein, eine ganz neue Welt eröffnet sich allerdings, als die islamischen Bestatter von Überführungen mit all den bürokratischen Herausforderungen berichten. Von unterschiedlichsten Dokumenten, Stempeln, Urkunden und Papieren. „Spätestens 3 1/2 Stunden vor dem Abflug muss der Sarg am Flughafen sein“, erzählt Can, dass der „Druck“ erst dann weicht, wenn der Verstorbene in seiner Heimat bestattet ist. Lohnt sich das? „Logisch, ist doch Heimat“, lacht er und seine Tochter zuckt mit den Schultern. Die nächste Generation werde wohl eher in Altach bestattet, lächelt sie.