12-Stunden-Schichten, kein Wochenende, kein Urlaub, ständige Überwachung, Gewalt und Demütigungen sind oft traurige Tatsachen bei der Herstellung von Billigkleidung im "Süden". Darauf will die Katholische Frauenbewegung (kfbö) mit ihrer "Aktion Familienfasttag" am 14. März hinweisen.

„Es war wie in einem Gefängnis“, erzählt Rohini von ihrer Zeit in der Baumwollspinnerei in Coimbatore, dem südindischen Zentrum der Textilindustrie. Rohini und Chermakani aus Südindien verrichteten sklavenähnliche Arbeit in einer Baumwollspinnerei, weil die Familiensituation es verlangte. Unter unwürdigen und ausbeuterischen Bedingungen schufteten sie 12 Stunden pro Tag, angelockt durch falsche Versprechen, die nie erfüllt wurden.

Leere Versprechungen
Rohini war 16, als sie angeworben wurde. Der Vertrag versprach ihr nach drei Jahren einen Lohn von 770,- Euro. Ähnlich gestaltete sich Chermakanis Situation: Auch sie wurde an eine Baumwollspinnerei im Zentrum der Textilindustrie vermittelt. Ihr wurde ein Hungerlohn von umgerechnet 2,40 Euro pro Tag und nach Ablauf eines Jahres eine Prämie von rund 240,- Euro in Aussicht gestellt.

Sumangali
Beide Mädchen kommen aus armen Familien, aus einem Land, das wegen langer Dürrezeiten trocken und unfruchtbar ist. Die Menschen haben selten Arbeit und leiden unter chronischer Armut. Darum wandern viele in die nördlich gelegenen Zentren der Textilindustrie. Auch Rohini und Chermakani gehen arbeiten, damit die Familie ein Auskommen findet und – vor allem auch die Mitgift bezahlen kann. Denn die Ehe hat in Indien einen hohen Stellenwert. Sie sichert die Frau sozial ab. Eine verheiratete Frau ist eine glückliche Frau: eine „Sumangali“.

Unmenschlich
Statt (viel) Geld erwarteten die Mädchen 12-Stunden-Schichten, kein Wochenende, kein Urlaub, ständige Überwachung, Gewalt und Demütigungen. Weder Schlafmangel noch Krankheit hielt die Aufseher davon ab, die Frauen zur Arbeit anzutreiben. „Ich litt unter starken Menstruationsbeschwerden und bat immer wieder, Pause machen zu dürfen“, erzählt Rohini. „Aber die Aufseher waren unmenschlich und ließen mich nicht. Sie gaben mir nur etwas gegen die Schmerzen. Alles mussten wir selbst bezahlen: die Tabletten und auch die Behandlung nach einem Unfall in der Spinnerei. Eine meiner Kolleginnen verlor vier Finger bei einem Arbeitsunfall. Entschädigung erhielt sie dafür keine.“ Rohini  ist diesem Albtraum entkommen.

Immer noch betroffen
Knapp 200.000 junge Frauen werden laut Menschenrechtsaktivisten derzeit in Baumwollspinnereien nach diesem Muster ausgebeutet. Der Protest der indischen Zivilgesellschaft dagegen sei bisher sehr leise, staatliche Instanzen wie das Arbeitsministerium im südindischen Bundesstaat achteten mehr auf die Interessen der Unternehmen als auf die Rechte der Arbeiterinnen. Die Initiative "Vaan Muhil" setzt dem Aufklärung in Dörfern und Familien in Armenregionen, Rechtshilfe für Betroffene, Kampagnen und Bildungsarbeit entgegen. Vor kurzem wurde eine Schneiderei für fair produzierte Kleidung eröffnet.

Unterschriften sammeln
Die Katholische Frauenbewegung sammelt Unterschriften "gegen Lohnsklaverei in indischen Spinnereien", die den Arbeitsminister von Tamil Nadu zum Einschreiten bewegen sollen. Aktiv in diesem Bereich ist auch die von der kfbö unterstützte "Clean Clothes Kampagne", die eine Befragung unter zehn österreichischen Bekleidungsunternehmen (u.a. Huber, Eisbär, Northland, Palmers, Triumph und Wolfort) zum "Sumangali Schema" durchführte. Das laut Aktivistin Christine Esterbauer "ernüchternde" Ergebnis: Diese "grausame Form der Ausbeutung" sei für heimische Textilfirmen in der eigenen Zulieferkette kein Thema: "Es gibt weder ein Bewusstsein über die negativen Aspekte der Bekleidungsproduktion, noch ein Interesse daran, solche Formen extremer Ausbeutung zu verhindern." Die befragten Unternehmen würden sich - sofern sie überhaupt antworten - auf Verhaltenskodices berufen, die für ihre Endproduktionsstätten gelten; davor tätige Zulieferer sind laut Esterbauer jedoch nicht im Blick.

Alle Katholikinnen und Katholiken fordert die kfbö auf, den "Quatemberfreitag", den zweiten Freitag in der Fastenzeit, als Familienfasttag zu begehen: Das durch ein einfaches Mahl eingesparte Geld bittet die Frauenbewegung "als konkreten Akt des Teilens und der Solidarität für Entwicklungsarbeit zur Verfügung zu stellen".

Sie möchten mit Ihrer Unterschrift helfen? Den Link zur Petition finden Sie hier