"Wenn Sie heute Abend ein Streitgespräch erwartet haben, muss ich Sie leider enttäuschen", erklärte Gery Keszler gleich zu Beginn des "W'Ortwechsel Spezial" mit Bischof Benno Elbs, dass hier auf der Bühne im Alten Hallenbad in Feldkirch nicht "Don Camillo und Peppone" sitzen. Stattdessen konzentrierte man sich auf wichtige Begriffe im Leben - wie "Angst und Liebe".
Laut einer alten Theaterweisheit (oder ist es Aberglaube?) führt eine schlechte Generalprobe angeblich ja zu einer guten Premiere. Im Fall des "W'Ortwechsel Spezial" könnte die Generalprobe wohl der ursprünglich geplante Termin am Montag gewesen sein, der aufgrund eines verpassten Flugzeugs von Gery Keszler ins Wasser fiel. Weil die Diözese Feldkirch aber Spontanität bewies, wurde aus dem Ersatztermin gestern Abend eine gelungene Premiere. Mit viel Gelächter, tollen Gesprächen und großen Emotionen.
Ein W'Ortwechsel Spezial zum Geburtstag
Gute Gespräche über Gott und die Welt sind die Idee hinter der Dialoginitiative "W'Ortwechsel", die seit drei Jahren für Gesprächsstoff sorgt. Auch und vor allem in dem Jahr, in dem die Diözese 50 Jahre alt wird - und deshalb einen "W'Ortwechsel Spezial" mit ganz besonderen Gästen veranstaltete. Mit einem ganz besonderen Thema: "Angst oder Liebe?"
Liebe ist ...
Liebe sei für ihn der Sinn des Lebens, hielt Keszler gleich zu Beginn fest. Beim Begriff Angst werde die Definition schon etwas schwieriger. Etwas, das ihm aber definitiv Angst mache, sei Machtmissbrauch, den es immer wieder in aller Bereichen gebe und gegeben habe, schließt Keszler die Kirche mit ein. Noch elementarer werde die Angst, wenn es um Leben und Tod gehe, spricht er aus eigener Erfahrung und zitiert sogleich die Bibel: "Liebe ist stark wie der Tod". Für ihn sei die Selbstliebe die wichtigste Liebe, "denn sonst kann man die Leidenschaft für andere Menschen nicht weitergeben". So ähnlich wie im Flugzeug, wenn man zuerst die eigene Sauerstoffmaske anlegen müsse, bevor man anderen helfen könne.
Auch Bischof Benno Elbs weiß, was es bedeutet für andere dazu sein. Als Psychotherapeut, als Priester, als Bischof oder am Sterbebett, wo Liebe (sogar über den Tod hinaus) besonders spürbar sei. Zum Beispiel durch das Bewusstsein, von der Liebe Gottes getragen zu sein. In Einem sind sich die beiden aber - wie übrigens in vielen anderen Dingen - sofort einig: "Wer gefestigt ist, kann umso mehr Liebe geben."
Wie verhält man sich auf dem Life-Ball?
Im Laufe des Abends entwickelt sich ein Dialog, der so viele Themen vereint - vom Life Ball, über die Beziehung zu Gott, den Respekt für sein Gegenüber, Homosexualität, Glaube, Papst Franziskus bis hin zum gemeinsamen Bekannten und Freund Kardinal Schönborn. Beide erzählen von berührenden Begegnungen in ihrem Leben, geben Anekdoten zum Besten und lassen die BesucherInnen so in zwei unterschiedliche Welten sehen. Man neige dazu etwas zu "fremdeln", wenn man andere Welten und damit unbekanntes Terrain betrete, bestätigt Bischof Benno. "Ich wüsste z.B. nicht, wie ich mich auf dem Life-Ball benehmen sollte", grinst er. "Authentisch", kommt es postwendend von Gery Keszler. Eine Antwort, der sich der Bischof sofort anschließt.
Hochemotional
Gelächter und viel Applaus wechseln sich mit Stille und hochemotionalen Momenten ab - etwa wenn Gery Keszler die fünfte Strophe seines Lieblingslieds "Stille Nacht" rezitiert und dabei um Fassung ringt: "Stille Nacht! Heilige Nacht! Lange schon uns bedacht, Als der Herr vom Grimme befreit, In der Väter urgrauer Zeit. Aller Welt Schonung verhieß, Aller Welt Schonung verhieß." Der absolut liebende Gott, der alles verzeihe, sei das, was das Christentum ausmache. Aus diesem Gedanken schöpfe er Kraft. Zugleich verletze ihn, dass gerade die Kirche oft am meisten ausgrenze. "Die einzige Chance der Kirche ist, sich zu besinnen, dass es nur um Liebe geht und es keinen Unterschied geben darf", so Keszler. "Jeder Mensch ist heiliger Boden, vor dem wir die Schuhe ausziehen müssen", betont auch Benno Elbs, dass jeder Mensch etwas Heiliges sei, dem großer Respekt entgegengebracht werden müsse.
Ein langer, steiniger Weg
Und so ist beiden Männern das "Brückenbauen" nicht fremd. "Der Life Ball steht für Respekt für anders Denkende und anders Liebende Menschen und ist verpflichtet, in alle Richtungen Brücken zu bauen", betont Keszler. Er erzählt von seiner Freundschaft mit Kardinal Schönborn - vom Brief mit dem berühmten Satz "Zwischen dem Life Ball und dem Stephansdom ist noch ein langer steiniger Weg" - und dem konfessionsübergreifenden Gottesdienst am Welt-Aids-Tag 2017, an dem Schönborn und Keszler mit vielen anderen ein gemeinsames Zeichen gegen Vorurteile setzten.
Ist ein Bischof ständig gefestigt im Glauben?
Nach der Podiumsdiskussion nutzten die BesucherInnen die W'Ortwechsel-Bierdeckel, um Fragen und Gedanken an die beiden Herren zu richten. Von "Benno misch dich mehr ein", über Dank und die Frage, ob der Bischof regelmäßig Kontakt zu Schwulen oder Lesben habe (Der Bischof antwortet übrigens mit einem klaren JA!) bis hin zur "Ehe für alle", ist vieles dabei. Und auch Keszler hat noch eine Frage an den "hohen Würdenträger": "Sind Sie ständig gefestigt im Glauben?" Der Glaube ist etwas sehr lebendiges, aber natürlich gibt es auch große Fragen und Zweifel", ist der Bischof ehrlich. Besonders, wenn Familien und kleine Kinder großes Leid erfahren, bleibe die Frage "Gott, wo bist du?" Und dann? "Mithoffen und Mitvertrauen", kommt die klare Bischofsantwort.