
Vor nun mehr als 40 Jahren hat die Künstlerin begonnen die Unterkirche zu gestalten und ist dafür von Salzburg, wo sie berufstätig war, in ihre Heimat Vorarlberg gereist – über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg. Doch es gab nicht nur Bewunderer ihrer Kunst, es bildete sich ein großer Widerstand gegen die bildliche Gestaltung der Bibelstellen. „Die Menschen wollten, dass ich retuschiere. Das habe ich abgelehnt.“ Das ging so weit, dass die Unterkirche mit den wunderbaren Malereien in einen Dornröschenschlaf fiel. Nicht hundert, aber fast 40 Jahre lang.
Die Inspiration für die Ausgestaltung der Kirche kam damals, so erzählt Bertel, nicht etwa nur von außen, sondern auch aus einem inneren Ruf: „Die Idee entstand aus einer tiefen Notwendigkeit heraus. Ich fühlte, dass dieser Raum ein Ort der spirituellen Wandlung sein könnte – für mich und für andere.“
Die Unterkirche St. Konrad verwandelte die Künstlerin durch ihre Malereien in einen kontemplativen Erfahrungsraum, in dem das Sichtbare metaphorisch das Unsichtbare streift. Der Film, der nun am 27. Mai Premiere feiert, trägt diesen Raum nach außen – als Einladung zur inneren Weg-Suche.
Der Titel des Films „Wächter, wie weit ist die Nacht?“ entstammt einem Vers aus dem Buch Jesaja. Es ist ein Ruf nach Hilfe und Orientierung, gesprochen in der Dämmerung menschlicher Existenz und Leiderfahrung. Die Künstlerin greift diese Frage künstlerisch auf und verwebt sie mit biblischen Bildwelten: „Die Nacht steht für mich nicht nur für Dunkelheit. Auch für Wachheit, die göttliche Botschaft, seinen Ruf zu hören. Auch ich werde befragt: „Wo stehe ich? Was sehe ich noch nicht? Wo zeigt sich das Licht?“
Diesen Spannungsbogen setzt sie mit kraftvollen Kontrasten in Szene – dunkle Flächen, lichte Öffnungen, tastende Formen, die sich aus dem Hintergrund lösen. Farben und Linien dienen nicht der Dekoration, sondern führen den Betrachtenden ins eigene Innen. Dabei arbeitet sie bewusst mit Symbolen, deren Bedeutung sich nicht sofort erschließt, sondern nach Resonanz und Assoziationen im Betrachtenden sucht. „Ich hoffe, vertraue darauf, dass die Bilder mit den Menschen in Kontakt kommen“, sagt Bertel. „Sie sollen nicht nur besichtigt werden – sie sollen dialogisch begegnen.“
Der Film selbst bleibt leise, zurückhaltend, fast meditativ. Lange Einstellungen lassen Raum für Wahrnehmung, Kamera und Ton führen durch Farben, Texturen, Stille und Klang. Die filmische Begleitung von Alexander Juritsch zeigt nicht nur den Entstehungsprozess der Malereien, sondern eröffnet einen Zugang zur inneren Haltung der Künstlerin. „Ich wollte, dass der Film nicht nur dokumentiert, was ich gemacht habe“, so Bertel, „sondern dass er eine Atmosphäre trägt – so wie der Raum selbst.“
Dabei gelingt es dem Film, die Intention des Ortes zu wahren: Er lädt nicht zur Analyse ein, sondern zur Erfahrung. „Ich wünsche mir, dass die Menschen die Unterkirche als Raum erleben, der ihnen etwas gibt – vielleicht Trost, vielleicht Klarheit, vielleicht einfach einen Moment der Stille“, sagt Bertel.
Die Filmvorführung am 27. Mai soll nicht nur ein kulturelles Ereignis sein, sondern ein Anlass zur Begegnung: Im Anschluss an den Film findet ein Podiumsgespräch mit Heilgard Bertel und Bischof Benno statt.
Filmpräsentation „Wächter, wie weit ist die Nacht?“
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