Petra Baur
So finden u.a für diözesane Mitarbeiter verpflichtende Präventionsschulungen statt. Auch für die Pfarrgemeinden gibt es Schutzkonzepte. Darüber wurde Anfang Februar in Dornbirn informiert. Doris Bauer-Böckle von der Stabstelle für Prävention von Missbrauch gibt im Interview nähere Auskunft.
Kürzlich fand eine Informationsveranstaltung zum Thema „Gewaltschutz geht uns alle an“ in Dornbirn statt. Wen genau möchten Sie in den Pfarren ansprechen?
Doris Bauer-Böckle: Wir sprechen alle Personen an, die in der Pfarre leben oder mitarbeiten. Vor allem aber all jene, die sich dafür einsetzen, dass „ihre Pfarre“ ein sicherer Ort ist. Ein Ort, an dem sie sich wohl fühlen und sich gerne einbringen. Ein Ort, von dem Eltern bzw. Erziehungsberechtigte wissen, dass ihre Kinder gut aufgehoben sind.
Was sind die wichtigsten Punkte für eine gute Prävention?
Doris Bauer-Böckle: Das wichtigste ist die Sensibilisierung für das Thema „Nähe und Distanz“ (Grenzen des Einzelnen). Es braucht Menschen, die hinsehen, statt weg zu sehen und die notwendigen Schritte setzen. Die Katholische Kirche hat eine sehr lange Tradition des Wegsehens und Vertuschens, wenn es um übergriffiges Verhalten oder Machtmissbrauch geht. Dies hat sich seit Inkrafttreten der Rahmenordnung gravierend verändert. Diese sieht die verpflichtende Schulung aller Mitarbeitenden in der Katholischen Kirche vor. Des Weiteren setzt sie fest, dass Verantwortliche für die Erstellung von Schutzkonzepten benannt werden und sich die PGRs einmal in ihrer Amtszeit mit dem Thema befassen. Wenn diese Punkte verantwortungsvoll umgesetzt werden, ist dies ein weitgreifender Schritt in der Prävention.
Gibt es somit ein Schutzkonzept, das für alle Pfarren Anwendung finden kann?
Doris Bauer-Böckle: Es gibt nicht EIN Schutzkonzept für alle. Viele Bereiche können ähnlich sein, aber vermutlich nicht ganz ident. Beim Schutzkonzept in der Pfarre geht es darum, dass alle Personen und Personengruppen, die in der Pfarre sind, in den Blick genommen werden – Kinder – Jugendliche, pastorale Gruppen, Senioren… Ebenso werden Räumlichkeiten und die Umgebung daraufhin angeschaut, ob sich die Menschen, welche sie nutzen, wohl und sicher fühlen. Die Stabstelle bietet Unterstützung, indem wir eine Vorlage erstellt haben, die als Leitfaden zur Erstellung dienen kann.
Sollte sich jeder, der sich in der Pfarre engagiert, mit dem Schutzkonzept auseinandersetzen?
Doris Bauer-Böckle: Das wäre wünschenswert! Dies ist aber ein hoher Anspruch, der sich vermutlich nicht umsetzen lässt. Wichtig ist, dass eine Person verantwortlich ist, die benannt und bekannt ist. Für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gibt es besondere Vorgaben, diese müssen eingehalten werden. Bei der Arbeit mit anderen Personen(gruppen) kommt es immer auf die Verhältnismäßigkeit an. Aber alle sollten mit offenen Augen und wachsam dabei sein.
Besteht auch die Möglichkeit, dass man bei der Diözese Hilfe bei der Gestaltung eines individuellen Konzeptes erhält?
Doris Bauer-Böckle: Ja. Die Mitarbeiter:innen der Stabstelle stehen für Informationen und Erstberatungen zur Verfügung. Der Prozess der Erstellung wird vom Team der Gemeindebegleiter:innen mitgestaltet. Unterstützend stehen verschiedenste Vor- und Unterlagen zur Verfügung (analog und digital).
Ist das ein österreichweites Projekt oder nimmt Vorarlberg eine Vorreiterrolle ein?
Doris Bauer-Böckle: Die Rahmenordnung wird von der Bischofskonferenz erstellt und gilt für ganz Österreich. In Vorarlberg sind wir aber in Bezug auf die Pfarren durch die durchgeführte Veranstaltung Vorreiter.
Was ist dir persönlich das Wichtigste im Zusammenhang mit dem Schutzkonzept?
Doris Bauer-Böckle: Das Um und Auf ist, dass sich Menschen mit der Erstellung des Schutzkonzeptes beschäftigen, denen es ein (Herzens-)Anliegen ist. Nicht weil es in der Rahmenordnung steht. Für mich ist es eine Möglichkeit der Partizipation, des aktiven Mitwirkens und Gestaltens. Ein Zeichen, dass sich die Machtverhältnisse (und dadurch die Ohnmacht) in der Kirche verändern.
Ist jede Pfarre verpflichtet ein Schutzkonzept zu erstellen?
Doris Bauer-Böckle: Ja, aber der Zeitraum ist nicht definiert. Im Rahmen des nächsten Visitationszyklus gibt es Fragen zum Thema Gewaltschutz. Auch da ist Vorarlberg ein Vorreiter.