Was die Rituale betrifft ist die Kirche ganz „dick im Geschäft“ – aber längst nicht mehr allein auf weiter Flur. Beim Herbstsymposion der Katholischen Kirche Vorarlberg im Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast (3. -4. September) steht deshalb die Frage im Zentrum, was Rituale können, was sie sollen und wer sie wie heute eigentlich überhaupt noch braucht.

Achtung: Für alle, die sich noch nicht für das Herbstsymposion nächste Woche angemeldet haben, gibt es schlechte Neuigkeiten: Es ist ausgebucht. Einen Nachbericht inkl. Bildergalerie findet ihr ab Dienstag aber natürlich hier online.

Rituale sind wichtig. Jeder kennt sie. Oft sind es ganz kleine Rituale, die den Alltag regeln – aufstehen, Zähne putzen, der Blick aufs Handy etc. Manche sind Ausdruck für etwas Größeres, zum Beispiel die immer öfter auftauchenden Liebesschlösser an Brücken und Stegen. Und auf manches Ritual stößt man an den großen Dreh- und Angelpunkten des Lebens: Segensfeiern für Neugeborene, Paare, Begleitung von Trauernden, Feiern für frisch Verliebte, für Eltern und die ganze Familie… Aber auch an Weihnachten, zu Ostern oder am Sonntag begegnet man Ritualen. Rituale gibt es viele und sie sind wichtig.

Die Frage, der man nun beim Herbstsymposion der Katholischen Kirche Vorarlberg nachspürt, ist die nach dem Stellenwert von Ritualen und ihrer Beschaffenheit. Sprich: Schaffen es alte Rituale überhaupt noch, im Heute anzudocken. Wenn ja, warum und wenn nein, an welchen Rädchen müsste man schrauben, damit aus dem Nein ein Ja wird?


Neue Rituale braucht der Mensch

Neben der selbständigen Ritualleiterin Myrta Grob, der Soziologin Dr. Maren Lehmann und der Theologin Mag.a Teresa Schweighofer gibt auch Weihbischof Dr. Reinhard Hauke Einblicke in neue Initiativen und Gehversuche, die im Bistum Erfurt in Sachen „Ritual heute“ gestartet wurden. Er erzählt von Kirchen, die reaktiviert werden konnten, von Weihnachtsandachten, die plötzlich dafür sorgten, dass die ganze Stadt auf den Beinen war und Gottesdiensten für frisch und bereits länger Verliebte zum Valentinstag.


„Mister LifeBall“ im Stephansdom

Und dann ist da natürlich auch noch Gery Keszler, Mister LifeBall persönlich, der für das Gespräch über den HIV-Gedenkgottesdienst im Wiener Stephansdom extra zum Herbstsymposion in St. Arbogast anreist.

Zum Welt-Aidstag 2017 wurde im Wiener Stephansdom nämlich in Form einer ökumenisch gestalteten Feier an all jene Frauen und Männer gedacht, die an den Folgen von Aids verstorben sind. Gery Keszler und Kardinal Christoph Schönborn riefen dabei gemeinsam gegen die Stigmatisierung von Menschen mit HIV/Aids auf. Die Form war neu. Der Wunsch ein alter: Ein Ritual als Ausdruck für Trauer, Erinnerung, vielleicht auch Wut, sicher aber für Hoffnung.


Es geht doch

Der Weg zu diesem gemeinsamen Gedenken war für beide Seiten ein langer. Da der LifeBall-Macher, dort die Kirche. Die setzt sich zwar – wie auch Gery Keszler immer wieder betont – seit der ersten Stunde für Menschen mit HIV/Aids ein, tut sich mit der Sexualität aber manchmal auch etwas schwer.

Dennoch zeigt gerade der Gedenkgottesdienst im Stephansdom, wie sehr der Wunsch nach Ritualen bis heute vorhanden ist und wie gemeinsam Formen gefunden oder auch neu entwickelt werden können.

Rituale sind wichtig und sie sind überall. Manche verändern sich. Manche passen sich an neue Gegebenheiten an. Nicht immer gelingt es. Wenn es aber gelingen, steckt Potenzial für Mehr in ihnen.

 

Termin

Herbstsymposion der Katholischen Kirche Vorarlberg
3. und 4. September, Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast

Rituale – Zwischen kirchlicher Tradition und säkularer Welt

Referent/innen
Myrta Grob, selbständige Ritualleiterin
Weihbischof Dr. Reinhard Hauke, Erfurt
Gery Keszler, Gründer und Organisator des Life Balls
Prof. Dr. Maren Lehmann, Soziologin, Zeppelin-Universität Friedrichshafen
Mag.a Teresa Schweighofer, Theologin, Universität Tübingen