Wie geht man damit um, wenn ein enges Familienmitglied plötzlich und unerwartet verstirbt? Dieser Frage gehen wir nach und haben dazu den freien Autor, Lebensberater und Seminarleiter Arno Holzmann gefragt, dessen Sohn Keshava im Mai 2018 nach einer Partyveranstaltung erstochen wurde.
Wie haben Sie vom Tod Ihres Sohnes erfahren und was ist in diesem Moment in Ihnen vorgegangen passiert?
Arno Holzmann: Keshava wurde nach einer Partyveranstaltung in Imst in Tirol zusammen mit zwei Freunden in einen Streit mit anderen Jugendlichen verwickelt. Im Zuge dieser Auseinandersetzung wurde er von einem türkischstämmigen Österreicher erstochen. Am frühen Sonntag-Morgen standen plötzlich zwei Polizeibeamte und zwei Frauen vom Kriseninterventionsteam vor meiner Haustüre. Da wusste ich sofort, dass etwas sehr Schlimmes passiert war. Die Nachricht vom Tod des 17-Jährigen Sohnes zu bekommen war ein fürchterlicher Schock und stürzte mich ins Tal der Tränen.
Wie haben Sie die Zeit direkt nach dem Tod erlebt?
Arno Holzmann: Als extrem verwirrend, lähmend und verunsichernd.
Haben Ihnen Menschen in dieser schweren Zeit geholfen und haben Sie Hilfe, auch professionelle Hilfe, gesucht?
Arno Holzmann: Die Anteilnahme der Menschen, die Keshava kannten, vor allem seiner Freunde, war überwältigend und sehr tröstend. Für die Unterstützung durch den Weißen Ring, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Denifl, bin ich unendlich dankbar. Er hat mir die Psychotherapeutin Frau Dr. Gunhild Häusle-Paulmichl vermittelt. Die Gespräche mit ihr waren heilsam und hilfreich. Ein Riesenkompliment auch an die Tiroler Polizei-Beamten, die österreichische Justiz und an das Sozialministerium.
Wie sind sie mit dem "plötzlichen Verschwinden" des geliebten Sohnes im Alltag zurechtgekommen? Geht das überhaupt?
Arno Holzmann: Es gab lange keinen Tag, an dem ich nicht Tränen vergossen hätte. In einer tragischen Situation wie dieser hilft nur die Zeit, die Wunden zu heilen, und natürlich auch der Kontakt zu lieben Menschen, die aufrichtiges Verständnis zeigen.
Was hat Sie am meisten gestärkt?
Arno Holzmann: Die Überzeugung, dass Gott keine Fehler macht, dass alles einen Sinn hat und dass selbst aus dem schwersten Schicksalsschlag auch etwas Gutes entstehen kann. Durch Keshis Tod habe ich meine Lebensgefährtin kennengelernt. Dieser Umstand ist einer von mehreren Beweggründen, warum ich dem Täter gegenüber keine Rachegefühle empfinde.
Wie lange hat die Trauer angehalten? Geht das überhaupt vorbei?
Arno Holzmann: Die Trauer war 1,5 Jahre lang überwältigend und wollte einfach nicht nachlassen. Ich habe jeden Tag geweint, aber irgendwann habe ich eine bewusste Entscheidung getroffen und habe das Geschehene mehr und mehr beiseitegeschoben.
Haben Sie den Schmerz über den Tod des Sohnes jetzt überwunden?
Arno Holzmann: Ja, ich habe den Schmerz überwunden, obwohl er nie ganz verschwinden wird und zwischendurch immer wieder einmal kurz vorbeischaut. Ich bin mir sicher, dass Keshava jetzt an einem guten Ort weilt und dass es seiner Seele gut geht. Das ist eine Gewissheit, die ich rational nicht erklären kann, aber sie ist ein emotionales Faktum.
Wie gehen Sie heute mit der Situation um?
Arno Holzmann: Keshavas Tod hat meine Persönlichkeit und meine Einstellung zum Leben stark verändert. Ich achte bewusst darauf, jeden Moment gut zu nützen, denn ich weiß jetzt, dass Lebenszeit kostbar ist und dass man nie weiß, wie lange man noch zu leben hat.