Kompetent, empathisch und unkompliziert: unter der Telefonnummer 142 oder online unter www.142online.at sind die Einrichtungen der Telefonseelsorge ohne große Hemmschwelle und anonym zu erreichen. Allein im Jahr 2021 haben knapp 17.000 Menschen die Hotline kontaktiert, um ihre Sorgen zu besprechen. Wir haben Telefonseelsorgerin Claudia Bösch (Name von der Redaktion geändert) gefragt, was ihre Arbeit ausmacht und wieso gerade heute die Telefonseelsorge eine wichtige Einrichtung ist.
Claudia Bösch ist Mutter von zwei erwachsenen Kindern, die sich neben ihrem Hobby als Leiterin der Pfadfinder ehrenamtlich für die Telefonseelsorge engagiert: „Ich wollte die freie Zeit, die mir zur Verfügung steht, sinnvoll einsetzen“, berichtet die engagierte Vorarlbergerin. Und dafür hat sich Claudia Bösch rundum ausbilden lassen: Denn die Bereitschaft zur Hilfe beschränkt sich nicht nur auf die erste Begegnung am Telefon, sondern erstreckt sich darüber hinaus auf die gesamte Zeit der Krisensituation, in der ein hilfesuchender Mensch Gespräch und Begleitung braucht. „Ja, es braucht eine spezielle Ausbildung. Diese ist sehr intensiv und tiefgründig, aber unbedingt notwendig, um am Telefon bestmöglich da zu sein“, berichtet die Telefonseelsorgerin. Alle Mitarbeiter werden über einen Zeitraum von ca. acht Monaten in Ausbildungswochenenden, Exkursionen oder Ausbildungsabenden geschult. Die Ausbildungsschwerpunkte sind u.a. Personenzentrierte Gesprächsführung, Gruppendynamik, Selbsterfahrung, Vermittlung sozialpsychologischer Kenntnisse und Information über soziale Netzwerke.
Ungeteilte Aufmerksamkeit
Die Mitarbeiter der Telefonseelsorgen wollen jedem Menschen in Not, Verzweiflung oder Suizidgefahr in Achtung seiner Freiheit die Möglichkeit geben, sofort oder via Internet mit einem anderen Menschen Kontakt aufnehmen zu können, der bereit und fähig ist, Anfragende anzuhören und ein helfendes Gespräch oder Briefwechsel zu führen. Es kommen ganz verschiedene Themen zur Sprache“, berichtet Claudia Bösch: „Eigentlich alles was die Menschen beschäftigt und oft auch sehr belastet. Sei es eine akute Krisensituation, Einsamkeit, Partnerschaftsprobleme, Kinder, Ängste, Krankheiten und vieles mehr. Zur Zeit ist als Thema der Krieg in der Ukraine und Corona bei vielen AnruferInnen präsent.
Ressourcen finden und Lösungen aufzeigen
Claudia Bösch weiß, was für Ihr Gegenüber zählt: „Ich versuche mich ganz auf meine GesprächsparterIn zu konzentrieren und widme dieser meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Im Rahmen der Ausbildung werden verschiedene Gesprächsführungen aufgezeigt, vom Anfang eines Gesprächs bis zum Ende.“ Claudia Bösch hat inzwischen viele Hundert Gespräche geführt und erfährt immer wieder: „Jede AnruferIn ist anders und hat unterschiedliche Bedürfnisse, welche sich im Laufe des Gespräches zeigen. In einer solchen Situation versuche ich ganz für die Person da zu sein, zuzuhören, der GesprächspartnerIn auf Augenhöhe zu begegnen, Mitgefühl auszusprechen, die Situation zu verstehen und durch das Gespräch eine andere, positivere Sichtweise zu ermöglichen. Und auch gleich erste Schritte unternehmen, um einen Weg aus der Krise zu finden. Und für die meisten Bedürfnisse", so die engagierte Telefonseelsorgerin, "gibt es in unserem Ländle viele verschiedene helfende Netzwerke, welche wir natürlich auch weiterempfehlen.“
Jeder Mensch ist einzigartig
Für Claudia Bösch ist jeder Mensch, der in der Telefonseelsorge anruft, etwas Besonderes und es ist wichtig, mit ihm ein Gespräch zu führen: „Wenn ich am Schreibtisch sitze und mit den AnruferInnen so manches grössere oder kleinere Problem bespreche, bin ich froh, da sein zu dürfen und den Menschen das Gefühl zu geben ‚Du bist nicht alleine‘. Und ich habe erfahren“, resümiert die Telefonseelsorgerin, „dass es nicht selbstverständlich ist ein glückliches Leben zu haben, und dafür bin ich dankbar.“