
Der Herbert-Haag-Preis 2026 geht an den aus Österreich stammenden Amazonas-Bischof Erwin Kräutler sowie an die ungarische Theologin Rita Perintfalvi. Das gab die Herbert Haag Stiftung am Donnerstag bekannt. Die Ausgezeichneten seien zwei Persönlichkeiten, die religiöse Überzeugungen mit gesellschaftlichem und menschenrechtlichem Engagement verbinden, hieß es in der Mitteilung. Der mit je 10.000 Schweizer Franken dotierte Preis wird am 22. März 2026 in der Luzerner Lukaskirche überreicht.
Bischof Kräutler wird für sein Lebenswerk geehrt. Der gebürtige Vorarlberger gehört der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut an und ist seit den 1960er Jahren in Brasilien tätig. Er war langjähriger Bischof der Diözese Xingu im Amazonasgebiet und engagierte sich als Präsident des Indianermissionsrates (CIMI) für die Rechte indigener Völker und den Umweltschutz. Er wirkte unter anderem an der päpstlichen Enzyklika "Laudato si'" mit und kritisierte wiederholt die Auswirkungen von Großprojekten wie dem Staudamm Belo Monte auf die lokale Bevölkerung. Auch dass Kräutler einflussreiche Kreise in Altamira wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Kinderprostitution angezeigt habe, führt die Stiftung in der Begründung zur Preiszuerkennung an.
Schon mehrfach wurde Kräutler Opfer von Bedrohungen und Anschlägen, eine Mitstreiterin von ihm, die Ordensfrau Dorothy Stang, wurde sogar ermordet. Der Bischof gilt als einer der vehementesten Fürsprecher der von der Befreiungstheologie in Lateinamerika formulierten "Option für die Armen" und machte sich außer mit sozialen und ökologischen Anliegen auch für strukturelle Reformen in der Kirche stark, darunter die stärkere Einbindung von Frauen in kirchliche Leitungsfunktionen oder die Weihe von Frauen.
Rita Perintfalvi wird insbesondere für ihr theologisches und gesellschaftspolitisches Engagement unter schwierigen Bedingungen ausgezeichnet, dessen Fortsetzung die Stiftung ermutigen will. Die Wissenschaftlerin lehrt und forscht in Budapest, war zuvor an den theologischen Fakultäten der Universitäten Wien und Graz tätig und ist unter anderem Präsidentin der ungarischen Sektion der Europäischen Gesellschaft für Theologische Forschung von Frauen.
In Publikationen, öffentlichen Beiträgen und einer von ihr mitbegründeten Basisgemeinschaft thematisierte Perintfalvi unter anderem sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche, Rechtspopulismus, religiösen Fundamentalismus und Geschlechtergerechtigkeit. Sie kritisierte das politische System unter Viktor Orban und sprach von einer ideologischen Instrumentalisierung des Christentums in Ungarn. Für ihre Arbeit sei sie bereits mehrmals von regierungsnahen Medien angefeindet oder von rechtsextremer Seite angegriffen worden, so die Stiftung.
Die 1985 vom Schweizer Theologen Herbert Haag gegründete Stiftung versteht sich als der biblischen Botschaft von Freiheit, Solidarität und Demokratie verpflichtet. Die Preisverleihung ist Teil ihrer Bemühungen um ökumenischen, interreligiösen und gesellschaftlichen Dialog. Zu den bekanntesten bisherigen Ausgezeichneten zählen Hans Küng, Leonardo Boff, Eugen Drewermann und Paul Michael Zulehner; aus Österreich wurden zudem der Moraltheologe Günter Virt, die Reformtheologin Uta Ranke-Heinemann sowie die kirchenkritische "Laieninitiative" gewürdigt.
(kathpress.at)