
Dieser Satz, der mir vor vielen Jahren zugesteckt wurde, spricht an und fordert heraus. Da klingt die Erfahrung mit, dass wir den Glauben nicht aufzwingen können. Vielmehr geschieht Glaubensvermittlung im „Bei-den-Menschen- und Mit-den-Menschen-sein“, im Zuhören, im Dabeisein. Da wird spürbar, ob unser Glaube echt ist – ob er aus einem Herzen kommt, das auf Gott vertraut – oder ob es nur fromme Worte sind.
Was heißt Glauben?
Glaube ist mehr als nur das Fürwahrhalten von Glaubenssätzen. Er ist Vertrauen – Vertrauen darauf, dass Gott da ist, auch wenn wir ihn nicht sehen. Vertrauen darauf, dass unser Leben Sinn hat, auch wenn wir ihn nicht immer sofort erkennen. Vertrauen darauf, dass wir gehalten sind, auch in Zeiten der Dunkelheit. Dieses Vertrauen ist nicht selbstverständlich.
In unserer Welt erleben wir, dass Menschen fragen: „Wozu brauche ich Gott? Ich habe doch alles!“ Und doch sind in ihren Erzählungen Sehnsüchte herauszuhören: die Sehnsucht nach Glück, nach Freiheit, nach Erfüllung … Wir erleben aber auch, dass Sehnsüchte zerbrechen, wenn Krankheit kommt, wenn Beziehungen scheitern, wenn Einsamkeit zuschlägt ...
Stärke unseren Glauben
Die Jünger Jesu aber auch wir heute denken immer wieder, dass unser Glaube schwach sei. Wir vertrauen oft mehr auf uns selbst als auf Gott. Wir glauben – ja. Aber wir schwanken zwischen Vertrauen und Zweifel, zwischen Hoffnung und Resignation. Darum brauchen wir die Bitte: „Stärke unseren Glauben!“ Es ist kein Zeichen von Schwäche, diese Bitte auszusprechen, sondern ein Zeichen von Ehrlichkeit. Wir gestehen uns ein: Unser Glaube ist nicht vollkommen. Wir vertrauen, dass Gott unser Herz stärkt, dass er uns Geduld gibt, dass er uns Mut schenkt. Jesus ermutigt: „Habt Glauben wie ein Senfkorn!“ Ein kleiner Same reicht, ein kleiner Glaube reicht und daraus kann Großes wachsen.
Glaube im Schweigen und Zuhören
Das Eingangszitat lehrt uns eine besondere Haltung: Zuhören statt Zureden. Schweigen statt Predigen. Dasein statt Überzeugen. Wenn Menschen nichts mehr von Gott wissen wollen, dann bringt es wenig, mit Glaubenssätzen oder Bibelzitaten auf sie einzureden. Viel wirksamer ist es, da zu sein, zuzuhören, mitzuleben. Wenn wir Menschen ernst nehmen, dann werden sie irgendwann fragen: „Was trägt dich? Woher hast du deine Hoffnung?“ Dann öffnet sich die Tür für ein leises Zeugnis: „Ich vertraue auf Gott. Mein Leben ist getragen.“
Ein Senfkorn genügt
Glaube geht nicht im Alleingang. Wir brauchen eine Gemeinschaft, die uns trägt, die mit uns betet, die uns erinnert: Du bist nicht allein. Unser Glaube wird nicht plötzlich perfekt – aber er wird genährt, gepflegt und wächst Stück für Stück. „Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn …“ Ein Senfkorn ist winzig. Jesus verlangt keinen perfekten Glauben. Ein kleines Vertrauen reicht.
Gasthäuser und Unterhaltungsfabriken
Gasthäuser und Unterhaltungsfabriken sind Orte, an denen Menschen sich sammeln, um Freude, Ablenkung oder Gemeinschaft zu suchen. Heute könnten wir sagen: Fußballstadien, Konzerthallen, Kinos, Cafés, Internetplattformen, soziale Medien. Orte, an denen Menschen miteinander lachen, reden, träumen. Gerade dort, wo Menschen ihre Träume und Wünsche äußern, wird sichtbar, wonach sie sich sehnen.
Die Kraft des Zuhörens
Die Orte, an denen Menschen leben, feiern, suchen … sind Hoffnungsorte, sind Gottesorte, wenn wir dort mit der Haltung sind: Ich will zuhören, ich will verstehen, was in euch lebt. Unser Zuhören kann ein erster Schritt sein, dass sie selbst anfangen, darüber nachzudenken, was ihr Leben hält und trägt. Seien wir also stille Glaubenszeugen. Nicht, indem wir immer die lautesten Reden halten, sondern indem wir die geduldigsten Zuhörer sind.
Sei ein Hörender. Höre Menschen zu, die ihre Träume und Sorgen teilen. Sei präsent – nicht mit schnellen Antworten, sondern mit echtem Herzen. Pflege dein eigenes Glaubensleben. Lies die Bibel, bete regelmäßig, suche die Stille. Der Glaube ist wie ein Muskel – er wächst durch Übung. Lass dich von der Gemeinschaft tragen. Teile dein Leben mit anderen. Wo zwei oder drei in Jesu Namen versammelt sind, da ist er mitten unter ihnen. Zeige kleine Zeichen des Glaubens: ein Kreuzzeichen, ein Dankgebet, ein ermutigendes Wort. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die große Wirkung haben.
Bleibe demütig. Glaube ist Geschenk, nicht Leistung.
Unsere Aufgabe ist nicht, laut zu predigen oder andere zu überreden. Unsere Aufgabe ist, Zeugen der Hoffnung zu sein – durch Zuhören, durch Dasein, durch ein stilles, aber festes Vertrauen. Und auch wir dürfen bitten: „Herr, stärke unseren Glauben!“
Pfr. Friedl Kaufmann