Wie eine Idee eine Gruppe von Menschen begeisterte und schlussendlich zu einem Vorzeigeprojekt wurde.

Let‘s talk! Ein Appell, eine Aufforderung miteinander ins Gespräch zu kommen, sich auszutauschen und wahrzunehmen. Da geht es um Handlungsmöglichkeiten von jedem und jeder von uns. Anstatt nur zu lamentieren, wie schlimm alles geworden ist. Darüber, wie salonfähig Rassismus wurde und wie ausgrenzend unsere Gesellschaft gerade tickt. Schön, wenn man sich diesem Thema ausnahmsweise mal positiv annähern möchte. Also habe ich mich umgesehen, was es denn für reale Beispiele gibt, die einen solchen Zugang haben. Die Verleihung des diesjährigen Vorarlberger Integrationspreises hat mich dann auf die richtige Fährte gebracht.

Connecthumans ist ein Format zur Förderung eines wertschätzenden und respektvollen Miteinanders. Ein Zusammenleben kulturell diverser Gesellschaften, die genau dadurch Potentiale haben, will gefördert werden. Es geht dabei nicht nur um Flüchtlinge und Migration. Die Diversität und Inklusion, die hierbei abgebildet werden will, umfasst neben Herkunft, Kultur und Religion auch die Vielfalt in Sachen Gender, Alter, Gesundheit, sexuelle Orientierungen und alles andere Denkbare, das unsere Gesellschaft so bunt macht.

Vielfalt in Städte & Dörfer bringen

Das Grundkonzept ist es, diese unterschiedlichen Vielfalten in der Realisierung von Projekten mitzudenken. Connecthumans arbeitet mit Gemeinden oder Regionalverbänden zusammen, die ein Thema oder eine Frage haben, beispielsweise mit der Jugend oder dem Alter. Diese Frage wird dann hergenommen und mit dem Blick der Vielfalt betrachtet. Identität und Zugehörigkeit waren für die Initiatorin Dragana Balonivic schon immer ein großes Thema, aufgrund ihrer persönlichen Biographie, während ihres Studiums und auch heute noch. Für sie wurde es zum Herzensthema.

Darüber reden realisiert

Die Initiatorin ist mit der Idee zuerst mal zwei Jahre schwanger gegangen und hat sie auch niemandem erzählt. Irgendwann war ihr klar: Wenn das jemals zur Welt kommen soll, muss sie darüber reden. Durch den Austausch mit immer mehr Menschen, hat sich ein Team von zehn Personen zusammengefunden, die alle begeistert wurden. Das hat den Schwung in die Sache gebracht. Alleine fühlt man sich oft machtlos, traut sich nicht zu, ein großes Projekt umzusetzen.

Darüber zu reden ändert das. Durch das gemeinsame Gespräch und die Bereitschaft anderer, das mitzutragen und mitzugestalten, ist connecthumans zustande gekommen. Durch das Team wurde die Idee Realität. Schon alleine das sei eine erfüllende, schöne Erfahrung gewesen. Und das alleine schon sollte Schule machen. Wenn du also eine Idee hast, die dir am Herzen liegt, dann rede darüber. Finde Gleichgesinnte, Begeisterungsfähige, Mitspieler*innen und Unterstützer*innen. Und schon kann aus einer Idee Wirklichkeit werden. Let‘s talk!

Schöne Fotografien und gute Fragen

Julia Beck konnte als zweite Projektleitung gewonnen werden, denn vier Augen sehen mehr und eine gemeinsame Reflexion sei sehr wertvoll für den Prozess gewesen. Gemeinsam wurde das Konzept ausgearbeitet und somit das Gerüst geschaffen. Das Medium Fotografie hat sich förmlich aufgedrängt, um einen niederschwelligen Zugang zum Thema zu finden, weil es mit einer gewissen Leichtigkeit die Verbindung zwischen den Menschen herstellen kann. Gerade bei einem Thema, das sonst oft eher schwer und anstrengend ist. Und auch schnell politisch wird. Also kamen Martin Schachenhofer und Nina Bröll als Fotograf*innen dazu. Es ging also viel auch um Bilder und wie Bilder auf uns wirken, welche Zuschreibungen wir auch den Bildern geben.

Gemeinsam waren connect-humans in der Stadt unterwegs mit Kamera und vorher erstellten Fragekarten. Darauf waren zehn Fragen für die Menschen, die zehn Grundemotionen entsprechen:
Was macht dir Angst? Wofür bist du heute dankbar? Wann wird dir warm ums Herz? Was berührt dich? Womit hast du zuletzt jemanden glücklich gemacht? Was ist dein größtes Talent? Wie gehst du mit Trauer um? Was erfüllt dich mit Wertschätzung?

Im Kontakt sich selbst begegnen

Diese Karten wurden dann von den Menschen gezogen und haben einen spielerischen Zugang eröffnet. So sind Gespräche entstanden, denn diese Fragen stellen wir uns alle von Zeit zu Zeit. Ganz oft kam dann die Rückfrage, ob sie von einer Partei kämen oder von einer Einrichtung. Dass man das aus Eigeninitiative gemacht hat, sich da die Zeit genommen hat dafür, weil das Thema ein Anliegen war, hat viele Türen geöffnet. Dabei wurden Fotos gemacht und die Aussagen notiert. Die Menschen wurden auch bewusst auf ihre Vielfalt hin ausgewählt. Es wurden auch die Lebenshilfe und ein Altersheim besucht. Grafikerin Verena Marte hat dann diese Bilder umgesetzt, Alexander Stark erstellte einen Gestaltungsleitfaden. Daniela Kohler und Frank Blau machten Videodokumentationen. Die Ergebnisse wurden in recht großem Format gedruckt und im öffentlichen Raum an verschiedenen Standorten ausgestellt.

Der öffentliche Raum ist der Ort, wo wir diesem Thema im Alltag begegnen. Wir laufen aneinander vorbei, ohne Kontakt aufzunehmen. Jede*r bleibt für sich. Dieses Projekt ist ein schönes Beispiel dafür, wie wertvoll und sinnstiftend es sein kann, Kontakt aufzunehmen und ins Gespräch zu kommen. Im Kontakt mit Menschen oder eben mit diesen Bildern und Aussagen erlebt man sich selbst. So können wir in der Vielfalt das Verbindende finden.

VERANSTALTUNGSTIPP!

Hybride Welten
Vorarlberger Theaterlabor

Mo 30. August 2021, 9 Uhr -
Do 2. September 2021, 17 Uhr

Let‘s play! Im Theaterlabor bringen wir Theaterspiel auf ein neues Level. Wir starten eine Expedition ins Unbekannte, wandern zwischen den Welten, eröffnen neue Räume, erkunden Grenzen und überwinden sie. Ein Abenteuer wartet auf uns, in dem wir einander begegnen und gemeinsam unsere eigenen Geschichten schreiben, um sie dann interaktiv in Szene zu setzen.
Eine Kooperation von freigeist arbogast mit dem Vorarlberger Landestheater.

Zielgruppe
Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren

Kosten Übernachtung
Vollpension € 120,00

Kosten pro Person
Kursbeitrag € 120,00

Dieser Artikel erschien im anstösse.