Wie hat sich das Bild von Kirche in den letzten Jahrzehnten verändert? Welche Entwicklung müssen bzw. wollen wir als Pfarrgemeinden angesichts der großen Veränderungen machen? Wie werden wir fit für eine gute Zukunft als christliche Gemeinschaften?

Ein "Kirchenkurs"? Wie klingt das denn?
So spröde dieser Titel auf den ersten Blick auch klingen mag, so erfrischend anders präsentierte sich diese dreitägige Fortbildung rund um Dr. Christian Henneke und seinem Team aus Hildesheim. Da gab es spannende und kurzweilige Vorträge gepaart mit einer Reihe an Liturgien, welche die recht große Gruppe von über 60 Personen gemeinsam feierte. Es ging nicht nur um rational zu verarbeitende Inhalte, sondern auch um Erfahrungsmöglichkeiten für den eigenen Glauben und um den gemeinsamen Weg, auf dem wir uns alle befinden. Es wurde nach pointierten Vorträgen in den Pfarrteams ausgiebig diskutiert, was denn nun die Stärken und das Entwicklungspotential unserer Pfarren betrifft. Dabei ging es um die Bilder von Kirche, die wir in uns tragen und die in unserer Gesellschaft vorherrschend waren und sind.  Und es ging um Entwicklung. Folgende Grundmuster waren dabei maßgeblich:
Weg von der versorgungszentrierten, hierarchischen und auf eine zentrale Person zulaufende Kirche hin zu einer Kirche, die dezentral und mit den Menschen auf Augenhöhe auf dem Weg ist. Weg von einem unmündigen Christsein, hin zu mehr Selbstverantwortung und Selbstbestimmung. Weg von autoritären Systemen hin zu einer synodalen und gremialen Gemeinschaft, die sich mehr im Sinne eines Netzwerkes versteht und mit den Menschen und Gruppen in guter Beziehung steht. Weg vom Prinzip "Einer bestimmt" hin zu einer Kirche der Beteiligung und der Teilhabe gerade auch in Bezug auf die Leitungsverantwortung.

Wenn wir selbst leuchten, dann kommt Licht in den Raum
Für mich persönlich war einmal mehr die prägende Erfahrung, dass es am Ende des Tages auf uns alle als Christinnen und Christen, auf jede und jeden einzelnen von uns ankommt. Wenn wir nicht selbst von dem überzeugt sind, was wir in der Kirche tun und feiern, dann merken das die Leute. Besonders die Jugendlichen haben ein gutes Gespür dafür, was authentisch, was echt ist und was nur gespielt daherkommt.
Somit bleiben die Fragen entscheidend: Sieht man es mir an, dass ich von der Frohen Botschaft erfüllt bin und mein Leben danach ausrichte? Merken es die Leute, dass ich an Gott glaube, dass ich seinen Geist in mir spüre und aus dieser Kraftquelle heraus lebe? Traue ich mich auch davon zu sprechen und anderen von meiner Erfahrung zu erzählen?
Wenn ich diese Fragen mit einem "Ja" beantworten kann, dann ist das bereits mehr als die halbe Miete. Denn so bleiben wir "ansteckend", wie es Bischof Benno bei seinem kurzen Besuch in der Runde formuliert hat. 
Strukturen, gewisse Regeln und Abläufe der Zusammenarbeit in den Pfarren sind gewiss von Bedeutung und wichtig. Sie werden jedoch nutzlos, wenn wir nicht erfüllt sind von dem, was wir predigen. In diesem Sinne wünsche ich allen TeilnehmerInnen und den vielen weiteren Engagierten in unseren Pfarren, dass sie dieses Licht, dieses innere Feuer nicht verlieren - und dass sie es wieder entdecken, sollte es einmal verloren gegangen sein.
Wenn das gegeben ist, dann brauchen wir keine Angst zu haben vor der Zukunft.

Michael Willam
Pastoralleiter der Seelsorgeregion