Pe. Adilson Selch und DI Markus Breuss schickten Grüße und persönliche Worte aus Brasilien.

Neuigkeiten von Pe. Adilson Selch...

Liebe Freunde, Göfnerinnen und Göfner,
wir nähern uns der Feier von Weihnachten, dem Fest des Lebens, der Barmherzigkeit, der Hoffnung, der Geschwisterlichkeit. Ich fühle mich sehr glücklich und dankbar für die Zeichen der Gegenwart Gottes in den Ereignissen und im Leben so vieler Menschen, die ich im Laufe des Jahres getroffen habe. Gott offenbart immer seine Liebe und Güte, besonders in den schwierigsten Zeiten.

Vor einem Monat starb der Priester, der hier im Süden von Brasilien mit mir arbeitete, nach 45 Tagen im Krankenhaus. Die Pfarrgemeinde am Stadtrand von Novo Hamburgo unterliegt daher vorerst in meiner pastoralen Verantwortung. Angesichts der sozialen Realität, in der die Familien in unserer Gemeinde leben, bin ich von den Aktionen und Initiativen begeistert, die sich hier einstellen.
Zum Beispiel treffen wir Soforthilfemaßnahmen, für Familien, die Nahrung und Kleidung benötigen. Es werden Handwerkskurse und Schulungsaktivitäten unterstützt: das Backen von Kuchen und sonstigen Bäckereien, das Stricken, Häckeln, Werken und Basteln. Sehr beliebt sind Manikürkurse, die rege in Anspruch genommen werden. Kinder haben auch die Möglichkeit, an Musik- und Judo-Workshops sowie an Spiel- und Bildungsaktivitäten teilzunehmen. Dies sind kleine und vielfältige Aktivitäten, die evangelisierende Handlungen offenbaren und das Leben und die Menschenwürde fördern.

Mein persönlicher Dank im Namen so vieler Familien für eure/Ihre Solidarität und Großzügigkeit. Das Esperança-Projekt ist eine gesegnete Realität!
Bald ist wieder Weihnachten. Ich wünsche allen ein Weihnachtsfest der Hoffnung. Wie die Hirten, die als Erste zur Grotte geeilt waren, stehen wir staunend vor dem Zeichen, das Gott uns gegeben hat: vor einem Kind, »das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt« (Lk 2,12). In Stille knien wir nieder und beten an. Und was sagt uns jenes Kind, das die Jungfrau Maria uns geboren hat? Was ist die universale Botschaft von Weihnachten? Sie sagt uns, dass Gott ein guter Vater ist und wir alle Geschwister sind.
Das kleine frierende Kind, das wir in der Krippe betrachten, möge alle Kinder auf dieser Welt und jeden schwachen, wehrlosen und ausgeschlossenen Menschen beschützen. Ebenso mögen wir alle Frieden und Trost von der Geburt des Erlösers empfangen, und da wir von dem einen himmlischen Vater geliebt sind, uns auch als Brüder und Schwestern erfahren und entsprechend leben!
Frohe Weihnachten und ein erfolgreiches neues Jahr. Ich grüße euch alle herzlich.

Pe. Adilson Selch – Brasilien

 ... und von DI Markus Breuss:

Es fällt mir nicht leicht, die richtigen Worte zu finden, wenn ich daran denke, wie ich euch am besten die aktuelle Lage in Brasilien schildern könnte. Ich kann nur sagen, daß die Phase, die Brasilien seit dem letzten politischen Wahlkampf im Oktober 2018 durchmacht, in meiner Wahrnehmung zum Besorgniserregendstem zählt, was ich in den fast 2 Jahrzehnten, in denen ich schon in Brasilien bin (ich kam im Jahr 2000 im Rahmen eines Auslands-Zivildienstes nach Brasilien), erlebt habe. Es geht nicht darum, daß eine, demokratischen Prozessen eigene, ideologische Ausrichtung in der politischen Landschaft zwischen „links“ und „rechts“ stattfindet, nein, es findet eine generelle Invertierung zivilisatorischer Werte statt. Es wurde eine Kultur des Hasses und der Ignoranz eingeführt, unter der hauptsächlich Minderheiten der Bevölkerung leiden,  wie traditionelle und indigene Volksgruppen, und Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung der Gewalt ausgesetzt sind. Dies trifft auch die ökonomische Benachteiligten hart, wie z.B. schwarze Jugendliche, die ohne soziale und ökonomische Perspektiven aufwachsen, und Frauen, die einem toxischem Machismus ausgesetzt sind. Es finden auch irreparable Konsequenzen in ökologischer Hinsicht statt, wie z.B. die riesigen Waldbrände in Amazonien, die Umweltkatastrophen im Bergbausektor und die aktuelle Umweltkrise durch die Verschmutzung mit Erdöl, die über 500 Strande und Korallenriffe im Nordostens Brasiliens betreffen. Laut Amnesty International ist Brasilien das Land, wo MenschenrechtsaktivistenInnen und UmweltschützerInnen am meisten Bedrohungen und Gewalt ausgesetzt sind.

In diesem Szenarium sind unsere Projekt hauptsächlich mit den oben genannten Minderheiten tätig. Eine stabile Vereinsstruktur, die nur unter Mithilfe und Unterstützung der Solidaritätsinitiative aus Göfis, „Projekt Esperanza“, entstehen konnte, ermöglicht es uns (dem Verein ATABAQUE in Jacobina im Nordosten Brasiliens), umfassende lokale und internationale Geldmittel zu mobilisieren, um die Projekt umzusetzen. Die finanzielle Zuwendung durch Göfis wird dadurch potenzialisiert. So findet gerade ein Projekt statt, welches es 35 Frauen aus 15 traditionellen ländlichen Gemeinschaften (Quilombos) ermöglicht, regelmäßige Treffen mit Erfahrungsaustausch durchzuführen, wo auch eine rechtliche Beratung stattfindet. Im Laufe des Jahres fanden zahlreiche berufsbildende Kurse für Jugendliche statt, z.B für ökologische Landwirtschaft, Nähen und Schneidern und Handarbeiten. Auch fand ein Förderkurs statt, bei der es 15 (!) Jugendliche aus peripheren „Armenviertel“ die Aufnahmeprüfung geschafft haben, um nun auf der staatlichen Universität studieren zu können. Wir haben ein „Zentrum für Digitale Inklusion“ eingerichtet, wo die Bewohner der Viertels lernen können, mit Computer und Internet umzugehen. Unsere große Hoffnung ist die Umsetzung des öko-kulturellen Tourismus in unserer Gemeinschaft, um so lokales Einkommen und Arbeitsplätze zu schaffen. Es ist gerade ein Projekt im Gange, das bundesstaatliche Förderungen für den lokalen Tourismus in der Größenordnung von umgerechnet 100.000,00 Euro vorsieht und die Errichtung eines Campingplatzes und gesicherter Wanderwegen vorsieht. Auch ist eine Videodokumentation im Entstehen, welche die Geschichte der Entwicklung des Stadtviertels Bananeirabeschreibt, welche eng mit der Initiative aus Göfis verbunden ist. Ich hoffe, bei meinem Besuch Anfang nächsten Jahres den Film in einer deutschen Version im Ländle vorführen zu können!

Abschließend möchte ich sagen, daß ich mir tagtäglich die Frage stelle, ob Brasilien wirklich das Land ist, wo ich meine 3 Töchter aufwachsen sehen möchte. Die Sehnsucht nach Österreich wird immer größer...

Liebe Grüße aus Jacobina in Brasilien und ein herzliches Vergelts Gott,

DI Markus Breuss