Predigt am 1.11.2016

Eine gute und eine schlechte Nachricht, die gute zuerst: wir alle sind Heilige. Die schlechte: den wenigsten ist das bewusst.

Wir alle sind Heilige, weil Gott, der Heilige in uns ist, weil Gott in uns wirkt. Es ist uns oft nicht bewusst, dass dieser Gott in uns wirkt und wir vertrauen nicht darauf. Wir trauen ihm nicht zu, dass er unsere Schwächen verwandeln kann und so leben wir weite Strecken unseres Lebens ohne Gott.

Das besondere an den Heiligen ist, dass sie immer mehr in ihrem Leben mit Gottes Kraft gelebt haben und je mehr sie sich auf ihn eingelassen haben, mehr und mehr gespürt haben, dass ER wirkt. So konnte Paulus sagen: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20) Von den meisten Heiligen wissen wir, dass sie diesen Zugang zu Gottes Kraft nicht von Anfang an hatten. Ignatius von Loyola hat erst zu Gott gefunden, als seine Lebenspläne durch eine schwere Verletzung durchkreuzt wurden. Er hat in dieser Situation Gott gefunden, Jahre später konnte er aus eigener Erfahrung sagen: „Nur wenige Menschen ahnen, was Gott aus ihrem Leben machen würde, wenn sie sich ganz ihm und seiner Führung anvertrauen würden.“

Heilige sind Menschen, die wissen, dass sie nicht selber das Licht sind, sondern dass Gottes Licht in ihnen ist und sie durch Gottes Geist all das tun können. Heilige sind wie unsere Kirchenfenster, die erst mit dem Licht der Sonne leuchten. Von links nach rechts gelesen stellen unsere Kirchenfenster das Glaubensbekenntnis dar. Mit dem Licht der Sonne beginnt dieser Glaube zu strahlen. Ohne diese Sonne sind die Fenster matt und kalt. So braucht unser Glaube dieses göttliche Licht. Erst mit dem Licht Gottes beginnt der Glaube zu leuchten.

Heilige sind auch Fürsprecher, also Menschen wie du und ich, die bei Gott angekommen sind und die uns von dort her helfen können. Beinahe für jede Situation gibt es einen Heiligen, den wir anrufen können, einen Heiligen bei Zahnweh, einen bei Liebeskummer, wenn eine Frau einen Mann sucht geht sie zum Hl. Arbogast, umgekehrt wenn ein Mann eine Frau sucht, geht er zu St. Loy, usw

Ein ganz persönlicher Fürsprecher ist für mich und für unsere Pfarre der verstorbene Pfarrer Toni geworden. Es vergeht kein Tag, wo ich nicht an ihn denke. Ich bin davon überzeugt, dass er uns hilft und mit seinem Segen bei uns ist. Ob er ein Heiliger ist, kann ich nicht beurteilen. Ich weiss aber, dass er uns beisteht. Im biblischen Sinn war er ganz sicher ein Heiliger, weil er im festen Vertrauen gelebt hat, dass Gott bei ihm ist und dass Christus größer und einflussreicher ist, als wir es uns vorstellen können. Ich weiss, dass er kein Heiliger im klassischen Sinn sein wollte.  Er wollte mit den Menschen verbunden bleiben und nicht abgehoben heilig sein. Ich weiss, dass er sich der eigenen Fehler und Grenzen bewusst war und dass er gelernt hat, mit den eigenen Schwächen zu leben. Er war sich auch bewusst, dass Gott größer ist als diese Schwächen.

Pfr. Rainer Büchel