Interview mit Olaf Möller, Dipl. Sozialpädagoge, Theologe, Theaterpädagoge, Puppenspieler und Performer anlässlich des Workshops "Frisch, fröhlich und feinsinnig - Handpuppen im Gottesdienst".

Die Fragen stellte Angelika Heinzle,
Mitarbeiterin der Medienstelle der Diözese Feldkirch und Puppenspielerin.

Herr Möller, vom 11. – 13. Dezember haben Sie einen Workshop zum Thema „Handpuppen in der Liturgie“ im Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast gehalten, wie war für Sie dieser Workshop ?
Oh , das war wieder eine richtige Reise, sehr spannend und  ganz anders als der Workshop, den ich vor einem Jahr zu diesem Thema gegeben habe. Das finde ich auch aufregend und sehr befriedigend so – ich mag es, wenn die Dinge jedes Mal wieder anders sein dürfen. Im Grunde waren es zwei Workshops in einem – ein Einführungskurs für einen Teil der Teilnehmenden, die mit Handpuppenspiel noch gar nicht so viel zu tun hatten und erst einmal mit der Spieltechnik vertraut werden und in die Spielfreude kommen mussten. Denn erst wenn jemand die Grundlagen des Puppenführung beherrscht und die Freude des  Puppenspiel erlebt hat, macht es Sinn, kann er mit ihnen zu einem bestimmten Thema arbeiten.

Dabei geht es vor allem immer wieder darum, in den Zustand des Spiels zu kommen. Das ist ein leicht paradiesischer Zustand, der oft durch Selbstvergessenheit und Freude gekennzeichnet ist. Es ist die erste und wichtigste Aufgabe des Workshops, den Menschen einen Raum und Anregungen zu bieten, die ihnen dabei helfen, in diese spielerische Freiheit tiefer  und bewusster zu entdecken.

Im zweiten Tei des Workshops  konnten wir uns dann der Frage zuwenden, wie sich das Puppenspiel  in der Verkündigung nutzen lässt. Und das geschah vor allem durch das Entwickeln und Präsentieren von kleinen Szenen zu biblischen Geschichten, die wir in ganz unterschiedlchen Konstellationen und Orten einander präsentierten. Von diesen kleinen Stücken bin noch ganz erfüllt – es wurde mir nochmal ganz frisch deutlich, dass es beim Puppenspiel nicht nur um Reden reden. Mit dem Puppenspiel kann ich Bilder in den Kopf des Betrachters, des Zuschauers, der Gemeinde pflanzen.  Besonders eindrücklich war für mich eben in der Pfarrkirche St. Josef in Rankweil eine Szene, in der eine Teilnehmerin etwas zu Lazarus gespielt hat, bei der eine Puppe unter einem Tuch aufgebahrt lag und nur ihr Fuß herausschaute – das Bild das auf diese Weise entstand war unglaublich eindrücklich. Ich wüsste nicht, durch welches andere Medium oder Spiel ein solches Bild in der Gemeinde erzeugt werden könnte und bin noch ganz beseelt und berührt von dieser Szene.

Ist also der Kirchenraum der richtige Ort für eine Puppe?
Ach, können wir diese Frage noch einmal ohne das Wort „richtig“ und „falsch“ formulieren?

Ist der Kirchenraum ein guter Ort für eine Puppe?
Hm... Ich wünsche allen, die eine Puppe in der Kirche spielen einen Hauch von besonderer Ehrfurcht dabei. Lampenfieber gehört ja zum Geschäft, das wünsche ich sowieso jedem Puppenspieler vor dem Spiel – im Kirchenraum wünsche ich ihm oder ihr aber noch ein bisschen mehr Respekt. Es ist ja ein Raum, der anders ist, als alle anderen und das ist zu beachten. Und dann sind Kirchenräume nicht unbedingt so konzeptioniert, dass man darin gut Puppenspiele aufführen kann, denn die Puppe ist oft klein und muss gleichzeitig  von der ganzen Gemeinde gesehen werden. „Wo wird sie gespielt?“, „Woher kommt sie?“, „Wo geht sie hin?“ -  das sind konzeptionell wichtige Fragen, die in Kirchräumen oft etwas knifflig zu beantworten sind.

Was sind die Stärken der Puppe, wenn sie einen Auftritt in der Kirche hat?
Wir haben an diesem Wochenende viele Puppen gespielt, die Kinder darstellen. Dabei wurde immer wieder sichtbar, wie gut der Blick aus der „Unschuld des Kindes“ dem Evangelium tut. Kinder und Narren sagen die Wahrheit. Und Puppen können das ebenso....

Könnte man sagen, dass die Verkündigung auch ganzheitlicher wird?
„Ganzheitlich“ ist ein so großes Wort, dass ich ein bisschen vorsichtig damit bin. Puppen können all die Gefühle, die wir Erwachsenen in unserem großen Wunsch, normal, anständig und seriös zu sein so oft unterdrücken, ins Spiel bringen, verkörpern und uns mit Kraft vor Augen führen. Das wirkt so viel eindrücklicher, und kann - auch Erwachsene - auf so ganz anderen Ebenen erreichen als es das gesprochene Wort allein vermag. Ich kann zwar jedes Gefühl benennen und darüber reflektieren, das ist „Erwachsenenarbeit“ - aber Gefühle auszudrücken, im Spiel auszudrücken und sichtbar zu machen, das geht mit der Puppe auf ganz einzigartige Weise. Insofern könnte ich sagen, es ist in Richtung „ganzheitlich“ ein ganz guter Schritt sie einzusetzen und ihr viele Gefühle zu erlauben, damit nicht nur der Intellekt, sondern auch die Emotionen in der Verkündigung wertgeschätzt werden. Das wiederum braucht Puppenspieler, die sich ihre Gefühle erlauben, damit sie ihre Gefühle der Puppe geben können um sie zu spielen.

Da freue ich mich schon richtig auf den Auftritt einer Puppe, irgendwo in einer Kirche, vielleicht demnächst?
Ja, ich mich auch! Ich habe an diesem Wochenende so viele Stücke von den Teilnehmenden gesehen, die Gemeinden so sehr bereichern würden...

Bleibt es für Sie interessant, weiter auf dieser Spur zu bleiben, Puppen in der Liturgie einzusetzen?
Ja, sehr gerne!

Und ich spüre, dass ich nach der Teilnahme an diesem Workshop ein Stück mehr Lebendigkeit in mir wahrnehme. Danke für das Gespräch.

Was andere Workshop-TeilnehmerInnen dazu sagen:

Gaby Willi, Pfarramt Maria Hilf in Bregenz:
Es war ganz faszinierend, weil ich mir gedacht habe – es wird so ähnlich sein wie „Kasperltheater“, das habe ich vorher schon gemacht. Ich bin immer auf der Suche nach neuen Ideen, wie ich Kinder erreichen kann – und der Olaf (Möller) ist einfach ein Geschenk. Er war unheimlich humorvoll, mitreißend – er ist ein sehr sensibler, feinsinniger Mann und er hat allein schon durch seine Person und seine kleinen Inputs ziemlich viel an Phantasie bei mir ausgelöst, die ich bei uns in der Pfarre in der Kinderliturgie einsetzen möchte. Ich kann den Workshop sehr empfehlen – ich würde das flächendeckend im ganzen Bundesland anbieten.

War es für dich auch so praxisnah, dass du mit Lust und Freude an diese Aufgabe herangehst?
Auf alle Fälle, vor allem finde ich auch, dass wir ziemlich sensible Themen, auch Tabu-Themen, wie z.B. den Tod, durchaus mit Kindern auf eine sehr feinsinnige Art und Weise behandeln können. Ich hab schon eine ganz neue Idee, wie wir den Kinderkreuzweg anders, kindgerechter gestalten können, sodass dieser zur wesentlichen Aussage hinführt, - das war in diesem Workshop auch so schön – einem Plan, wie einem „roten Faden“ zu folgen und auch zu improvisieren mit dem, was kommt!

Monika Bleisch, Schweiz:
Findest Du den Kirchenraum einen geeigneten Raum für die Puppe?
Ja, das habe ich jetzt gesehen und ich denke, das ist möglich – im Kirchenraum!
Denkst Du, dass dadurch auch Kinder besser eingebunden werden können in eine Gottesdienstfeier?
Ich denke schon, dass sie dann eher gefesselt werden, von dem was vorne gesagt und gespielt wird. Der Workshop war für mich sehr wohltuend und hat mich mutig gemacht! Ich war gut aufgehoben und möchte danke sagen, dass ich teilnehmen durfte.

Marlen Bless, Schweiz:
Ich arbeite mit Kindern im Alter von 6 bis 13, in der Kinderbetreuung, in diesem Arbeitsfeld ist das Puppenspiel für mich eine Herausforderung. Ich finde die Freude, den Spaß und die Leichtigkeit, die eine Puppe reinbringt – auch die Unschuld - etwas Wunderbares. Letztendlich ist es im Einzelkontakt, aber auch in der Gruppe eine ganz andere Begegnung. Für das Kind finde ich, es berührt noch einmal ganz anders, als wenn ich als Erwachsene mit ihnen im Gespräch bin.

Hat es in Dir persönlich etwas neu geweckt, was vielleicht mit deinem „inneren Kind“ zu tun hat?
Ganz klar, es verbindet mich auch selbst mit meiner kindlichen, verletzlichen Seite, auch mit meiner Kreativität – das ist so ein „Herantasten“, ein „Heransuchen“ – an diesem Wochenende haben sich da so „Schichten“ wie abgelöst.

Könntest du dir vorstellen, wieder mal an einem solchen Workshop teilzunehmen?
Auf jeden Fall – es ist mein zweiter Workshop jetzt bei Olaf und ich bin sehr fasziniert, wie er das angeht – mit welcher Tiefe, aber auch mit welchem Spiel und mit welcher Freude, also diese hohe Sensibilität, die auch schon beschrieben wurde.

Wird es für Euch auf diesem Weg weitergehen, weitere Erfahrungen mit Kindern und Puppenspiel zu machen?
Ja, auf jeden Fall. Ich habe das Gefühl, das Puppenspiel ist wirklich ein Werkzeug, um noch näher an das Erleben des Kindes ranzukommen, weil ich einerseits mit mir selber arbeiten und in mir suchen muss, und weil durch diese Methode das Kind einfach anders angesprochen wird. Mich fasziniert beim Puppenspiel, dass ich die Kinderperspektive im Familiengottesdienst gut einbringen kann. Z.B. wenn ich an Texte aus der Bibel denke, an das Evangelium, dann kann ich von der "Kind-Puppe" ein schwieriges Thema hinterfragen lassen und kindgerecht dann als Erzähler antworten. Dieses „Hin und Her“ zwischen Erwachsenen- uund Kinderperspektive finde ich auch für die Großen faszinierend, nicht nur für Kinder.

Ich möchte diesen Weg vor allem im Religionsunterricht gehen, mit den Schülern der 1. – 4. Stufe und vielleicht wage ich es dann auch im Gottesdienst!