Auch diese österliche Haltung erzählt von den Wunden Jesu. Wer seine Wunden zeigt, riskiert, dass es nochmals weh tut - darin liegt aber auch die Chance für die anderen, diesen Wunden mit Achtung und Respekt zu begegnen. Das kann einer Beziehung eine große Tiefe geben.

Foto: Johann Laritz / Magdalensberg St. Thomas, Zuschnitt, CC BY-SA 4.0

Evangelium: Joh 20,24-29 (Auszüge)
Thomas entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf …. kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott!

Gedanken zur Bibelstelle

Thomas war nicht dabei, als den Jüngern der Auferstandene erschien. Er will es erst dann glauben, wenn er die Wunden gesehen hat, noch mehr: er will in die Wunden „greifen“. Es hat ihm den guten Ruf gekostet und er wird als „ungläubig“ apostrophiert. Gerade er ist es, der uns einen wichtigen Aspekt des österlichen Glaubens erschließt und auf eine österliche Haltung hinweist.
Er will die Wunden sehen. Er will in sie „greifen“ und damit „begreifen“, was er glaubt. Das Erzählen oder das Gerede allein genügt ihm nicht. Zugleich zeigt österlicher Glaube einen besonderen Umgang mit Wunden auf.
Nochmals: Thomas will die Wunden sehen und berühren. Er zählt nicht zu denen, die die Wunden und Verwundungen bei anderen leugnen, übergehen oder lächerlich machen. Mit dem Sehen und Greifen wollen riskiert er Betroffenheit, und sie geht soweit, dass er auf das schmerzende „Berühren“ verzichtet.  Er wird zum großen Lernenden und zum Bekenner: Mein Herr und mein Gott.
Angst und Kälte gehen von jenen aus, die die Wunden nicht sehen wollen oder sich gegen Wunden immunisieren.

Anregungen für die österliche Haltung: Wunden sehen lernen

  • Jeder Mensch trägt Wunden wie der Auferstandene. Jesus zeigt sie unter dem Vorzeichen des Friedens (dem Schalom). Er riskiert, dass es nochmals wehtun könnte. Es braucht Mut, seine Wunden zu zeigen.
  • Die Größe des Thomas liegt im Lernen aus Betroffenheit. Er sieht die Wunden und lernt, ihnen mit Achtung und Respekt zu begegnen.
  • Auch versöhnte Wunden bleiben sichtbar. Ihnen mit Achtung und Respekt zu begegnen, lässt sie heilen und vermag sogar einer Beziehung eine große Tiefe zu geben.


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