Die Wunden Jesu sind in den österlichen Erzählungen von großer Bedeutung. Auf spiritueller Ebene liegt in ihnen die Fähigkeit oder vielmehr das Wunder der Versöhnung. Sie ist der Schlüssel für ein geglücktes, friedliches Leben.

Evangelium: Johannes 20, 19-23 (Auszüge):
Jesus kam, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.  Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen.

Gedanken


Jeder Mensch weiß um Wunden und Verletzungen, die ihr oder ihm zugefügt wurden. Jeder weiß um Wunden oder Verletzungen, die sie oder er jemand anderem zugefügt hat. Sie haben eine befremdende, oft trennende Wirkung. Der Evangelist Johannes zeigt in den Osterberichten auf, wie diese trennende Wirkung überwunden werden kann, noch mehr, wie Wunden verbinden können.
Jesus wünscht zuerst den Frieden, dann zeigt er die Wunden. Er zeigt sie nicht unter dem Vorzeichen eines Vorwurfs oder einer Anschuldigung, sondern der Versöhnung. Das hebräische Wort für Frieden: „Schalom“ schließt die Versöhnung mit ein. Jesus zeigt seine Wunden. Sie werden von ihm nicht zugedeckt, geleugnet oder verborgen. Er zeigt sie und erinnert damit an all das, was in den Tagen davor geschehen ist. Sie gehören zu ihm. An ihnen sind er und sein Wesen zu erkennen. Dann wünscht er nochmals den Frieden, d.h. er hilft den Jüngern, sich von ihrer Schuld und den Schuldgefühlen zu lösen. Es gibt keine weiteren Diskussionen: Warum? Wieso? Wie konntet ihr nur? Zugleich sind die Wunden von den Umstehenden „gesehen“, d.h. wahrgenommen und anerkannt worden. Auf diesen Grundlagen feiert die Beziehung zwischen dem Auferstandenen und den Versammelten im Abendmahlssaal ihre Auferstehung. Sie ist auf eine neue Ebene gestellt.

Anregungen zur österlichen Haltung: Wunden, die verbinden

  • Als Verwundete, als Verwundeter kann ich auf unterschiedliche Weise meine Wunden zeigen. Verbunden mit Anschuldigungen und Vorwürfen wirken sie immer trennend. Will ich, dass sie heilen und verbinden, lass ich in den Worten die Bereitschaft zum Frieden (Versöhnung) mitschwingen.
  • Wenn mein Gegenüber sich entschuldigt hat (die Wunden gesehen sind), dann ist meine Bereitschaft zum Frieden oder zur Versöhnung Balsam auf dem weiteren Weg.
  • Gibt es eine Beziehung, die durch gut gelöste Konflikte zur Freundschaft oder Liebe wurde? Österlich.