Der Hirte ist ein wichtiges biblisches und kirchliches Motiv, das uns in der Advents- und Weihnachtszeit begegnet. Was wir mit dem Bild des Hirten verbinden können, beleuchtet Bibelreferent Erich Baldauf wöchentlich bis Weihnachten. Teil 1 von 5.

Erich Baldauf

Um das biblische Bild des Hirten verstehen zu können, bedarf es des Vergleiches mit dem König. Der König wohnt in einem Palast oder in einer Burg. Die Mauern schützen ihn. Er hat Soldaten, die ihn bewachen und ihm ebenso Schutz bieten. Er hat Dienerinnen und Diener, Mägde und Knechte, die ihm die Arbeit erledigen. Die Menschen, die ihm untertan sind, zahlen Steuern. Er kann Befehle erteilen und seine Untergebenen haben sie auszuführen.
Hatte jemand eine Bitte oder einen Wunsch, musste er zum König im Palast, oft an mehreren Wachen vorbei, durch dunkle Gänge, über Stiegen hinauf zu seinem Thron. Wenn ein Besucher dann vor dem König stand, kam er sich „klein“ vor.  

Der Hirte ist ein Kontrastbild. Er wohnt in einem Zelt. Er lebt mit den Tieren, den Schafen, Ziegen, den Eseln und Kamelen zusammen und er beschützt sie. Er schläft an der gefährlichsten Stelle, nämlich an der Tür, um wilde Tiere abwehren zu können. Am Morgen macht er sich mit den Tieren auf den Weg, sucht nach Weideflächen und bringt sie am Abend wieder zurück. Jedes Tier ist ihm vertraut und er kennt es mit Namen.  

Das Volk Israel erlebt eine große Not. Es ist vertrieben in einem fremden Land (Babylon). Viele der Israeliten  arbeiten als Sklaven, Mägde und Knechte. Das Volk hat niemanden, der sie führt und der für ihre Rechte kämpfen würde. Viele sind schlicht mutlos und verzweifelt. An diese Menschen wendet sich der Prophet Jeremia mit dem Bild von Gott als Hirten. Er schreibt die Worte:   

Hört, ihr Völker, das Wort des HERRN, verkündet es auf den Inseln in der Ferne und sagt: Der Israel zerstreut hat, wird es sammeln und hüten wie ein Hirt   seine Herde! Denn der HERR hat Jakob losgekauft und ihn erlöst aus der Hand des Stärkeren (Jer 31,10-11).


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