Brigitte Knünz vom Werk der Frohbotschaft Batschuns über ihre Erfahrungen zu Schuld, Versöhnung und Sakrament der Beichte

Versöhnung - eine Notwendigkeit?
Beichte - (wie) wird sie wieder beliebter?

Fallbeispiel 1: Eine Frau verausgabt sich an ihrem Arbeitsplatz über ein Dutzend Jahre – alles stellt sie dafür zurück. Sie vermisst die entsprechende Anerkennung von ihren Vorgesetzten, schließlich fühlt sie sich im Stich gelassen, ist schwer enttäuscht von ihnen. Mit der Beendigung des Projekts ist ihre Aufgabe erfüllt. Zurück bleiben Verletztheit, Verbitterung, Schuldzuweisungen. Nachträgliche Aussprachen bringen keine Versöhnung. Jede Freude scheint aus ihrem Leben gewichen zu sein.

Fallbeispiel 2: Seit der einzige Bruder den Hof geerbt hat, setzen die fünf Schwestern keinen Schritt mehr in ihr Elternhaus. Der Bruder erkrankt schwer und stirbt. Zur Beerdigung kommen die Schwestern, werden aber nicht zum Essen danach eingeladen. Unversöhntheit über den Tod hinaus.

Versöhnung - eine Notwendigkeit?

Brigitte Knünz: Ungelöste Konflikte lasten schwer auf einem Menschen, trüben, vergiften oder versteinern mitunter das weitere Leben. Ob man sich mehr in der Opferrolle oder mehr als der oder die Schuldige sieht – beide Positionen machen das Leben schwer. Um aus dieser Bedrückung wieder heraus zu finden, lohnt sich die Anstrengung auf dem Weg der Versöhnung. In „Das Buch des Vergebens“ schreiben Desmond Tutu und seine Tochter Mpho Tutu vom „Vierfachen Weg“ zur Vergebung. Dazu gehört für sie: Die Geschichte erzählen; Die Verletzung beim Namen nennen; Vergebung praktizieren; Eine Beziehung erneuern. Sie betonen dabei, dass man sich dafür eine Person des Vertrauens auswählen soll, die diesen Weg mitgeht, die zuhört, empatisch ist, die richtigen Fragen stellt.

Wie kann die Beichte "wiederbelebt", beliebter gemacht werden? Ist das überhaupt notwendig?

Knünz: Eine Wiederbelebung des Sakraments der Beichte müsste für mich eine begleitende Funktion im oben beschriebenen Sinn haben. Die Lossprechung von Schuld und Sünde wäre für mich der Endpunkt eines gegangenen, oft nicht leichten Weges in Richtung Versöhnung. Mit der Zusage, dass Gott all unsere Sünden vergibt, auch jene, die Menschen nicht vergeben können, wird in der Liebe Gottes aufgefangen, was nicht gelöst werden konnte.

Beichte müsste meines Erachtens viel mehr ein vertrauensvolles, ehrliches Arbeiten an dem, was einem Menschen das Leben schwer macht, sein - zusammen mit einem geistlichen Begleiter. So könnte es spürbar zum Heilssakrament werden.

Das was man jetzt bei der Beichte als Sühne oder „Opfer“ auferlegt bekommt, wäre bereits in den Schritten auf Menschen zu, an denen ich schuldig geworden bin, geschehen. Es braucht meines Erachtens die eigene Anstrengung der Wiedergutmachung und den Willen zur Versöhnung und die Gewissheit, dass man trotz allem nie aus der Liebe Gottes herausfällt.