Wir sind alle Glieder eines Leibes. Dieses Bild von Paulus kann ein Weg sein, die Vielfalt des Lebens schätzen zu lernen und als Chance der gegenseitigen Bereicherung wahrnehmen zu können. Daraus erwächst eine neue Haltung dem Leben gegenüber, vor allem wenn wir uns mit der Haltung Jesu dem Schwachen und Leisen begegnen.

Matthias Nägele 2Von Matthias Nägele,
Team Spiritualität, Liturgie, Bildung (Pastoralamt)

Die Aktionswoche des Lebens 2010 steht unter dem Motto der Solidarität mit allen Menschen untereinander, vor allem dort, wo das Leben schwach und gefährdet ist. Dazu gehört der Blick auf die Lebenssituation derer, die mit einer Behinderung und Handicap ihr Leben bewältigen müssen. Der Alltag für Menschen mit Behinderung ist anders: Einkaufen, Kochen und Essen, einen Besuch machen oder Hände waschen – all das kann bereits zu einer unüberwindbaren Hürde werden, wenn eine Behinderung die Selbständigkeit beeinträchtigt. Weihbischof Otto Georgens aus Speyer verbindet die Frage nach der Zukunft eines Menschen mit Behinderung mit dem Auftrag Jesu, einen neue Welt zu bauen.

Wer ist der Größte?
In unserem Leistungsdenken bewerten wir uns gegenseitig oft nur nach dem, was wir erreichen und machen können. Sogar die Jünger Jesu streiten untereinander, wer denn der Größte ist. Jesus sagt aber, dass es so nicht zugehen kann in der neuen Welt Gottes. Da gibt es kein Oben und Unten, kein Wichtig und weniger Wichtig, kein Bedeutend und weniger Bedeutend. Christen – so hat es Jesus gewollt – begegnen einander auf Augenhöhe. Alle gehören zusammen.

Gott hat jedem Begabungen geschenkt
Das Leben ist vielfältig und bunt. Es ist wie bei einem Leib, sagt Paulus. Er ist ein Ganzes und hat doch viele Teile. So ist jeder Mensch in seiner Art und Weise wichtig und wertvoll an seinem Platz. Und Gott hat jedem Begabungen und Stärken geschenkt, die wir ins Ganze einbringen sollen. Keinem hat Gott alles gegeben – und keinem nichts. So können wir einander mit dem, was Gott einem jedem gegeben hat, dienen.

Den Körper als Ganzes sehen
Wenn die Aktionswoche die Vielfalt und Unterschiedlichkeit des Lebens ins Spiel bringt und wir einander mit dem, was wir geschenkt bekommen haben, ergänzen und bereichern können, dann gibt es keine Aufspaltung mehr in Hilfeleistende und Hilfsbedürftige. Wir sind alle auf Hilfe angewiesen. Hören wir auf, die Menschen in Schubladen zu stecken, sie zu trennen in Hilfeleistende und Hilfsbedürftige, in Behinderte und Nichtbehinderte, in Kranke und Gesunde, in Arbeitslose und Arbeitbesitzende, Suchtkranke und Normale.

Wechselseitig geben und nehmen
Fragen wir in Zukunft nicht mehr: „Wie können die, die nicht dazugehören, dazu gebracht werden, dass sie ganz dazugehören?“ Fragen wir vielmehr: „Was ist zu tun, damit keiner aus der Gemeinschaft der Kirche und aus der Gesellschaft hinausgedrängt wird?“
Teilhabe gewähren und inklusive zu denken ist kein einseitiger Vorsprung. Wir alle haben Begabungen, die wir einbringen können, damit Teilhabe möglich wird in einer Gesellschaft, in der Platz ist für alle, in der jedeR Gebender und Nehmender zugleich ist und in der das Schema „die einen – die anderen“ überwunden ist.

(Auszüge aus der Predigt von Weihbischof Georgens beim „Tag der Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung am 6. Mai 2007. Entnommen aus „Schatten und Licht Nr. 6 2009)

„Es ist normal, verschieden zu sein“
Mit der Broschüre „Es ist normal, verschieden zu sein“ möchten wir alle, die in den Pfarrgemeinden mitarbeiten, eine Gesprächsgrundlage mitgeben, um die Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung zu stärken. Daraus soll eine Auseinandersetzung in den Pfarren entstehen, aus der konkrete Maßnahmen vorgenommen werden sollen, um Menschen mit Behinderung aktiv in das Leben und Glauben der Gemeinde einzubeziehen. In diesem Sinne kann auch diese Woche des Lebens einen Beitrag dazu leisten, das Miteinander zu stärken und „so manchen Maßstab auf den Kopf zu stellen,“ stellt Pastoralamtsleiter Walter Schmolly fest. „Wer ist ‚normal’ und wer ‚behindert’? Sicher ist: Jesus war parteiisch für die Schwächeren. Und ebenso sicher ist, dass das ein Auftrag an uns ist!“

 

Termintipp in der "Woche für das Leben":
Kinderwagen - Rollstuhl 'Wallfahrt in Hard

Alle Termine der "Woche für das Leben" finden Sie in der Übersicht.