Pfingsten ist das Fest des Geistes Gottes, der die Menschen zusammenbringt. Für sie ist klar, dass Gott der Herr der Welt ist, dass Gott der Geber alles Guten ist - und das führt sie zueinander - und sie verstehen einander.

"Durch Ihn, mit Ihm und in Ihm ist Dir, Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes, alle Herrlichkeit und Ehre, jetzt und in Ewigkeit."
Mit diesen Worten der Schlussdoxologie vom Hochgebetes spannt Maria Duffner den Bogen zum Pfingstfest.

Wozu braucht Gott unseren Lobpreis? Warum will Er angebetet und verherrlicht werden? Wir Menschen sind doch „die Krone der Schöpfung“ – also was soll’s? Das sind Fragen, die ich in der Schule immer wieder höre.

Provokant gesagt: Gott ist auf unser Lob nicht angewiesen. Für uns ist es aber wichtig, Gott zu loben und Ihm zu danken. Warum? Indem wir Ihn loben und Ihm danken, anerkennen wir Ihn als den Herrn der Welt, als den Geber von allem. Wenn wir meinen, wir können alles selber, dann geht es uns wie kleinen Kindern, die sich nicht helfen lassen wollen: irgendwann müssen sie schmerzlich begreifen, dass es Grenzen gibt, die sie nicht überschreiten können. Sich selbst zum „Herrn der Welt“ zu machen heißt, man meint, man sei der Größte, Schönste und Beste. Selbstverständlich ist man dann erhaben über andere Menschen. Selbstverständlich will man die „Muskeln spielen lassen“ und Macht zeigen – und ebenso selbstverständlich wird das nur von den wenigsten akzeptiert. Zank und Streit, ja auch Kriege sind die Folge, die wieder nur Elend und Leid mit sich bringt. Davon möchten aber alle Menschen wegkommen, es streben alle nach Frieden.

Je mehr ich Gott als den Herrn der Welt anerkenne, je mehr ich verstehe, was mir alles geschenkt ist, welche Begabungen ich bekommen habe, wie schön die Welt und die Menschen in Wirklichkeit sind, umso mehr kann ich staunen, umso mehr weckt das Dankbarkeit. Aber es führt auch zum anderen Menschen, den ich ebenso als Geschenk erkennen kann. Geschieht das, stehen plötzlich die Menschen nebeneinander und nicht übereinander. Macht hat kaum Platz. Und dann kann es plötzlich passieren, dass man das rechte Wort zur rechten Zeit findet, dass Heilung geschieht.

Und jetzt, an Pfingsten, kommt mir da ein Text in den Sinn, der mich damals, als ich ihn zum ersten Mal hörte, betroffen gemacht hat:
Als der Allerhöchste herabstieg und die Sprachen verwirrte, entzweite Er die Völker. Als Er die Feuerzungen verteilte, da rief er uns alle zur Einigkeit, und einstimmig lobpreisen wir den allheiligen Geist.“ (Romanos der Melode, 7. Jh)

Das Pfingstereignis wird dem Turmbau zu Babylon gegenüber gesetzt. Beim Turmbau zu Babel wollten die Menschen einen Turm bauen, der bis zum Himmel reicht. Es war damit der Gedanke verbunden, zu zeigen, dass der Mensch keine Grenzen mehr hat, dass er alles kann, dass alles machbar ist. Gott reagiert, indem er die Sprachen verwirrt – das müssen nicht unbedingt Fremdsprachen gewesen sein. Denn wenn man einander nicht mehr zuhört, wenn der andere nicht ernst genommen wird, dann kann der sagen, was er will, er wird nicht verstanden. Und das erzeugt Unfrieden, Zank und Streit.

An Pfingsten geschieht genau das Gegenteil: Menschen haben sich zusammengefunden, die Interesse für die Botschaft Jesu, für Gott hatten. Für sie ist es klar, dass Gott der Herr der Welt ist, dass sie in ihrem Umfeld wirken können und sollen, dass sie aber nicht die ganze Verantwortung und alle Lasten tragen brauchen. Das macht offen, das lässt aufeinander hören. Und nun passiert genau das Gegenteil: im gemeinsamen Anerkennen, dass Gott der Geber alles Guten ist, dass Er der Herr der Welt ist, können sich auch die Menschen zueinander wenden – und sie verstehen einander: ganz egal, welche Sprache sie sprechen.

Gottes guter Geist hilft uns, dieses Geheimnis zu verstehen. Er hilft uns, die rechten Worte zur rechten Zeit zu finden, damit wir gemeinsam dafür danken können, für das, was wir von Gott erhalten haben.

Maria H.Duffner