Impuls zum Palmsonntag

Schriftlesungen zum Palmsonntag
Jesaja 50,4-7 (Der vollkommene Gottesknecht) - Philipper 2,6-11 (Das Beispiel Jesu)
Evangelium: Markus 14,1 – 15,47 (Das Leiden unseres Herrn Jesus Christus)

Wenn ich am Palmsonntag die Leidensgeschichte höre, dann geht es mir spätestens bei der Kreuzigung kalt über den Rücken. Noch deutlicher wird mir dies, wenn ich die Schreckensmeldungen von Folter, Qual und Mord unschuldig verfolgter Menschen auf der ganzen Welt lese – vor allem wenn diese mit Macht, Hass und Gewalt durchdrungen sind.
Wie schnell meinen wir Menschen, wir können mit Macht alles erzwingen und erreichen? Wie schnell sind Menschen begeisterungsfähig von einem falschen Machthaber? Wie eine Fassade stürzen politische Systeme - und gegenwärtig auch Wirtschaftsysteme in sich zusammen. Da spüren wir unsere Grenzen und unsere Ohnmacht.

Der Messias der Armen und Ohnmächtigen
Jesus reitet beim Einzug auf einem Esel in Jerusalem ein. Alle jubeln ihm zu in der Hoffnung, er ist der rettende König, der sie mit Macht vom Joch der Fremdherrschaft befreit. Doch der Esel ist das Reittier der Armen und nicht das Pferd der Könige und Herrscher. Gottes Reich beginnt nicht mit politischer Macht und Herrlichkeit, sondern mit der Kraft der Ohnmacht. Gewaltfreiheit und Verzicht auf Selbstdurchsetzung führen aus dem Teufelskreis der ohnmächtigen Macht heraus. Der Blick von der Macht zur Ohnmacht ist gleichzeitig auch der Schlüssel für die Botschaft der kommenden Tage.

Freude und Leid zusammengebunden
Der große Jubel der Menschenmenge beim Einzug in Jerusalem verwandelt sich schnell in den wutentbrannten Ruf „Kreuzige Ihn!“ Freude und Leid liegen hier ganz dicht beieinander. Wenn zu Palmsonntag Palmbuschen gebunden werden, dann binden wir das Leid und die Freude zusammen. Der Holzstab, an dem die Palmbuschen gebunden werden, erinnert an das Zepter eines Königs, aber auch an die Lanze, mit der Jesus durchbohrt wird. Ein Holzkreuz erinnert an den Tod Jesu am Kreuzesbaum. Die grünen Zweige, aber auch Eier, Äpfel und farbige Bänder sind Zeichen des Lebens und der Auferstehungsfreude. Viele nehmen die gesegneten Zweige mit nach Hause und stecken sie an das Kreuz im Herrgottswinkel. Vielleicht verschenken Sie heute Ihrem Nachbarn, einem alten Menschen oder einem guten Freund einen gesegneten Palmzweig?

Matthias Nägele