Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, 9. - 12. März 2009, Innsbruck Die Bischöfe haben sich intensiv mit der Frage des konfessionellen Religionsunterrichts und mit seinen für eine ganzheitliche Bildung unersetzbaren Beiträgen beschäftigt.

In seiner Vielfalt hat der Religionsunterricht integrative Funktion und ist notwendig für ein angstfreies Miteinander in einer multireligiösen Gesellschaft. Der konfessionelle Religionsunterricht ist hilfreich, damit die Menschen nicht "Leute von nirgendwoher" sind, die ihre Wurzeln nicht mehr kennen und im gesellschaftlichen Diskurs über Lebensentwürfe nicht mehr auskunftsfähig sind. Dieser Unterricht leistet einen unersetzlichen Beitrag für die individuelle Persönlichkeitsbildung durch die Begegnung mit der großen religiösen Tradition, die Grundlage für Sinngebung und Wertorientierung ist.

Die Bischöfe danken ausdrücklich den zahlreichen Religionslehrerinnen und -lehrern für ihren Dienst und ihr Engagement. Denn es sind diese Lehrerinnen und Lehrer, die Sinn und Wert in manchmal mühsamem Dialog - und unter Respektierung der Freiheit der Schülerinnen und Schüler - in das konkrete Leben der jungen Menschen hier und heute buchstabieren.

Dass dieser Religionsunterricht gut angenommen wird, zeigen die Zahlen: Woche für Woche besuchen 730.000 Schülerinnen und Schüler allein den katholischen Religionsunterricht als Pflichtgegenstand - das sind 95 Prozent aller katholischen Schüler. Zusätzlich nimmt mehr als ein Viertel aller Schülerinnen und Schüleer ohne religiöses Bekenntnis am katholischen Religionsunterricht als Freigegenstand teil.
Es ist jedoch angebracht, für jene Schüler, die aus vielfältigen Gründen keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen, einen verpflichtenden Ethikunterricht vorzusehen.

In einer Gesellschaft, in der eine nicht unbedeutende Zahl von Menschen ihre Werte säkular begründet, ist das angemessen. Darüber gibt es einen seit längerem bestehenden gesellschaftli-
chen Konsens. Es ist im Interesse von Staat und Gesellschaft, dass sich jeder junge Mensch im Lauf seiner Bildungslaufbahn in systematischer Form mit der Frage von Werten und Normen auseinander setzt.

Bei aller positiven Sicht eines solchen ergänzenden Ethikunterrichts muss aber eines festgehalten werden: In einem Land, in dem etwa 90 Prozent der Bevölkerung einer Religionsgesellschaft angehören, soll der Ethikunterricht nicht für alle Schüler verpflichtend sein. Das würde eine Relativierung des konfessionellen Religionsunterrichts bedeuten.

Die Bischöfe vertrauen darauf, dass eine nachhaltige und konstruktive Lösung im Interesse der österreichischen Schule gefunden wird: Durch ein gut abgestimmtes Miteinander von konfessionellem Religionsunterricht und Ethikunterricht, in dem beide ihren Dienst an den jungen Menschen leisten können.

(www.kathpress.at, 13.03.09)