Seit diesem Schuljahr ist Ethik der alternative Pflichtgegenstand für alle, die sich im höheren Schulbereich vom Religionsunterricht abgemeldet haben. Eine Neuerung, die den Schulalltag beleben könnte.

Bislang ist der konfessionelle Religionsunterricht durchaus beliebt: Von den exakt 34.671 Schülerinnen und Schülern in Vorarlberg, die römisch-katholischen Bekenntnisses sind, nahmen im vergangenen Schuljahr 86 Prozent am Religionsunterricht teil. Dazu kommen 4.320 Schülerinnen und Schüler ohne Bekenntnis, die sich freiwillig angemeldet haben. Und das, obwohl „Reli“ inzwischen ernsthafte Konkurrenz bekommen hat (im Vergleich zur bisherigen Freistunde):

Seit diesem Schuljahr gibt es alternativ zum Pflichtgegenstand Religion im höheren Schulbereich die Option, den Ethikunterricht zu besuchen. Eine Entscheidung, um die man lange gerungen hat und die nicht unumstritten war. Die Befürworter/innen freuen sich über einen „neutralen“ Raum für die Diskussion über das Wie und Warum der Menschheit, Gegnerinnen sehen bewährte Kulturvermittlung in Gefahr – Recht haben vermutlich beide irgendwie.

(K)ein Fach wie jedes andere

„Am Ende ist Religion ein Fach wie jedes andere mit Lehrplänen, Büchern, Noten, Kompetenzerwerb und ganz klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen“, erklärt Annamaria Ferchl-Blum, Leiterin des Schulamts der Diözese Feldkirch, wo man für die Durchführung des Religionsunterrichts in Vorarlbergs Schulen zuständig ist. Zugleich sei es das definitiv nicht: „Hier steht in besonderer Weise Mensch im Mittelpunkt. Gemeinsam wird um tragfähige, verantwortungsvolle Haltungen gerungen und mit den Schätzen der je eigenen Religion in Resonanz gebracht.“ Für viele Schülerinnen und Schüler seien das Dinge, die sie nicht missen möchten: Laut einer Befragung des Tiroler Schulamts schätzen Schüler/innen ihren Religionsunterricht vor allem, weil es hier ausdrücklich erlaubt ist, das Ich-Sein, das Denken und Entscheiden, das religiöse Feiern und auch das Entwickeln von Lebenshaltungen zu üben.

Halt in allen Lebenslagen

Gerade in Zeiten wie diesen seien das nicht zu unterschätzende Qualitäten: Der Schulbeginn 2021 steht ganz im Zeichen der Pandemiebewältigung. In dieser angespannten Situation sei es besonders wichtig, dass die Schüler/innen auf Lehrpersonen treffen, die sie abholen und dann auch mit ihnen an all den schwierigen Themen, die diese Zeit stellt, dranbleiben, findet Ferchl-Blum. Der Religionsunterricht mit all seinen bestärkenden Inhalten für ein gutes Leben sei dafür der richtige Ort. Das glaubt auch Ruth Berger-Holzknecht, eine von zwei Fachinspektorinnen in Vorarlberg: „Wir Religionslehrer/innen machen uns mit den Kindern gemeinsam auf den Weg – mit ihren Fragen, ihren Zweifeln und ihrer Kritik. Wir möchten, dass sie sich ein eigenes Urteil und eine eigene Meinung bilden können.“

Dazu sind auch die Eltern herzlich eingeladen. Denn am Ende geht es niemandem darum, Religion oder Ethik gegeneinander auszuspielen. Synergie heißt das Zauberwort. Das zumindest war im Oktober 2020 der Tenor eines Gesellschaftspolitischen Stammtischs zum Thema: Bildung zu Fragen wie "Wie wollen wir (miteinander) leben?" sei essentiell. Und in diesem Zusammenhang können beide Perspektiven – die religiöse und ethisch-moralische – etwas beitragen.