Vorwort von Annamaria Ferchl-Blum zum ZEITFenster zu religiös-ethischer Bildung an Schulen. Ferchl-Blum ist Fachinspektorin für Religionsunterricht in der Diözese Feldkirch.

Für das Foto auf der Titelseite haben Schüler/innen aus dem BG Bludenz eine Situation aus ihrem Religionsunterricht nachgestellt. Das Bild berührt mich und führt mich zum Religionsunterricht, wie ich ihn immer wieder erlebe: ein Ort, an dem junge Menschen sich mit  existentiellen Fragen auseinandersetzen und um tragfähige Antworten ringen. Laut einer Befragung des Tiroler Schulamts schätzen Schüler/innen ihren Religionsunterricht deshalb, weil es in diesem Fach ausdrücklich erlaubt ist, das Ich-Sein, das Denken und Entscheiden, das religiöse Feiern und auch das Entwickeln von Lebenshaltungen zu erproben und einzuüben (siehe: www.what_ru.at).

Gute Erfahrungen machen Schulen, in denen neben dem konfessionellen Angebot auch das Fach Ethik angeboten wird und damit allen Schüler/innen ein Bildungsangebot zu weltanschaulichen Themen gemacht wird. Religonslehrer/innen schätzen den Ethikunterricht, da die Konkurrenz mit einer Freistunde wegfällt und eine Aufwertung ethischer Bildung geschieht, die ja auch einen wesentlichen Teil des Religionsunterrichts ausmacht.

Einfach ist die Verortung der religiös-ethischen Bildung an Schulen dennoch nicht. Zum einen führt ein immer stärkerer Verlust an konfessionell-kirchlicher Bindung dazu, dass kaum noch junge Menschen bereit sind, sich auf ein Studium der Religionspädagogik einzulassen. Die multireligiöse Zusammensetzung unserer Schulgemeinschaft fordert diejenigen, die für gute organisatorische Abläufe in der Schule verantwortlich sind. Kleine konfessionelle Gruppen, Abmeldemöglichkeit, die Aufsicht für Schüler/innen, die an keinem Religionsunterricht teilnehmen, all das lässt den Ruf nach einem Fach Ethik für alle als Lösung laut werden und verstellt oft den Blick auf das, was trotz schwieriger Rahmenbedingungen nach wie vor gut gelingt.

In diesem ZEITFenster haben wir versucht, verschiedene Stimmen zum Religionsunterricht - auch im  Zusammenspiel mit dem Ethikunterricht - zu Wort kommen zu lassen. So gibt Theo Lang Einblick in die Geschichte des Faches Religion und wie sich alles entwickelt hat. Petra Steinmair-Pösel schildert, wie sich die Kirchliche Pädagogische Hochschule (KPH) Edith Stein zum Ethikunterricht stellt und was sie dafür anbietet. Roman A. Siebenrock beschreibt den gesellschaftlichen Wandel und welchen Auftrag er darin für einen konfessionellen Religionsunterricht sieht. Lehrer/innen und Leitungsverantwortliche in schulischer Bildung sowie Schüler/innen berichten von ihren Erfahrungen. Die „Lernlandschaft“ in der Mitte dieser Ausgabe zeigt, wie religionspädagogisches Vorgehen heute aussehen kann. Entwickelt wurde sie von Doris Gilgenreiner, die in der Ausbildung für Religionslehrer/innen an der KPH Edith Stein tätig ist.

So wünsche ich Ihnen einen bunten Einblick in unsere Schulen, an denen Woche für Woche engagiert und lebensnah religiös-ethische Bildung geschieht.

Annamaria Ferchl-Blum