Fast zeitgleich mit dem Start der Kampagne für zeitgemäßen Religionsunterricht wurde Ruth Berger-Holzknecht als Fachinspektorin für Religionsunterricht betraut. Sie weiß, wie moderner Unterricht aussieht und berichtet, dass sie sich dabei gemeinsam mit den Kindern auf den Weg macht.

Elisabeth Willi

So manch einem sind sie schon aufgefallen: Plakate und Infoscreens im öffentlichen Raum, auf denen ein Schüler oder eine Schülerin und Fragen abgedruckt sind. Es sind Fragen wie „Gibt es Hoffnung für die Welt?“ oder „Hat das etwas mit mir zu tun?“ - stets beantwortet mit „Ich glaube - Ja“. Die Plakate sind Teil einer österreichweiten Kampagne für den Religionsunterricht und die Fragen wurden dort so von Schüler/innen gestellt.
Welche Fragen und Themen im Religionsunterricht heutzutage behandelt werden, weiß auch Ruth Berger-Holzknecht genau. Seit mehr als 25 Jahren unterrichtet sie das Fach. Mit 1. September - ziemlich zeitgleich mit dem Start der Kampagne - wurde sie zur neuen Fachinspektorin für Religionsunterricht für Mittel- und Berufsschulen sowie für den höheren Schulbereich. Mit einem halben Fuß bleibt sie aber im Klassenzimmer: Neben ihrer neuen Tätigkeit unterrichtet sie zu 30 Prozent Religion und Deutsch an der Mittelschule Lingenau.

Zeitgemäß.

Ziel der Kampagne ist, ein zeitgemäßes Bild vom Unterricht zu zeigen. Längst vorbei sind nämlich die Zeiten, in denen allein der Katechismus gelehrt wurde. Religionsunterricht heute ist: „Wir machen uns mit den Kindern gemeinsam auf den Weg - mit ihren Fragen, ihren Zweifeln und ihrer Kritik. Wir möchten, dass sie sich ein eigenes Urteil und eine eigene Meinung bilden können“, erklärt Ruth Berger-Holzknecht. Wenn die Schüler/innen etwas nicht verstehen, sollen sie das sagen. „Auch eine Lehrerin oder ein Lehrer versteht vielleicht nicht alles. Darum geht es aber gar nicht - viel bedeutender ist: Die christliche Grundhaltung beinhaltet so viel Wichtiges für ein gutes Leben. Das möchte ich mit den Schüler/innen besprechen, diskutieren und ihnen zeigen, dass ein Leben aus dem Christentum ein Weg für mich, und vielleicht auch für sie, ist.“
Aus diesem Grund wählte Ruth Berger-Holzknecht einst den Beruf der Religionslehrerin.  Seit ihren Tagen als Junglehrerin bis heute findet sie es spannend, was die Kinder bewegt, welche Sorgen und Fragen - sei es zum Leben, sei es zur Religion - sie haben. Denn all das hat auch im Religionsunterricht Platz. Fragen wie zum Beispiel „Warum gibt es so viel Leid auf der Welt?“ oder „Weshalb bekriegen sich Menschen?“ beschäftigen die Kinder und Jugendlichen. „Wir suchen gemeinsam nach Antworten“, sagt Ruth Berger-Holzknecht. „Manchmal finden wir welche, manchmal aber bleibt es beim Ringen um tragfähige Antworten.“

Überschneidungen.

Bei Fragen wie diesen oder zu Sinn, Moral, Gerechtigkeit etc. gibt es viele Überschneidungen zum Ethik-Unterricht. „Sowohl Religion als auch Ethik wollen ein gutes, menschenwürdiges Leben ermöglichen - für alle.“ Während sich der Religionsunterricht dabei auf die Bibel und auf Jesus beruft, zieht die Ethik philosophische Quellen heran. „Einen Mehrwert des Religionsunterrichtes sehe ich in der Spiritualität und im Erleben von Ritualen und Liturgie“, sagt Ruth Berger-Holzknecht.
Eine weitere Stärke des Religionsunterrichtes ist für die Lingenauerin: „Hier können Kinder Solidarität leben.“ Es gebe immer wieder Aktionen - zum Beispiel den Verkauf von Kalendern - mit denen Kinder unterstützt werden, die in Not sind. „Die Schüler/innen sehen dadurch: Auch als junge Menschen können sie einen positiven Beitrag leisten und die Welt ein kleines Stück verbessern.“

Kampagne.

All die Aspekte, die Ruth Berger-Holzknecht angeführt hat, sind auch auf der Homepage der Kampagne dargestellt. Unter anderem werden dort immer wieder neue Videos hochgeladen, in denen Religionslehrer/innen Antworten auf Fragen von Schüler/innen geben. Die Kampagne läuft noch das ganze Schuljahr über.  «

Mehr Infos zur Religionskampagne unter www.mein-religionsunterricht.at
Am Mo 5. Oktober, 20 Uhr, findet online ein Gesellschaftspolitischer Stammtisch zum Thema Religionsunterricht und Ethik statt. Mehr dazu »

Ruth Berger-Holzknecht wurde am 29. April 1967 geboren und ist in Lingenau aufgewachsen. Sie studierte Religionspädagogik und Geschichte an der Universität Innsbruck und lehrte Religion von der Volksschule bis zu Höheren Schulen. Sie ist verheiratet mit Thomas Berger-Holzknecht, hat drei erwachsene Kinder und lebt mit ihrer Familie in Lingenau.

(Aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 40 vom 1. Oktober 2020)