Der letzte Tag der Narren. Schulen werden von Zünften gestürmt. Angestellte sitzen mit roten Nasen (maskiert oder en nature) in ihren Büros. Manche melden postrosenmontäglichen Krankenstand an. Und unsere Redaktion? Wir könnten jetzt Faschingssprüche aneinander reihen. Nein, machen wir nicht. Wir könnten ein komisches, möglicherweise sogar lustiges, ein schräges Bild vielleicht zeigen. Nein, schräg sind wir auch vor und manchmal nach dem Faschingsdienstag. Also wählen wir einen kleinen Auszug aus einer tollen "Büttenrede", sprich der Faschingssonntagspredigt von Ronald Stefani. Er gibt gekonnt Auskunft über die Kirche der Zukunft. Schönen Narrentag wünschen wir.

"Büttenrede" von Ronald Stefani

Es ist wieder einmal so weit,
bald ist aus die Faschingszeit.
Doch ihr könnt’s euch sicher denken,
beim Kaplan gibt’s auch noch ein Schwänkchen.

Drum möchte ich heut wieder mal Dichten
und so meine Predigtpflicht verrichten.
Ich fall auch gleich mit der Tür ins Haus,
manchmal hat man das Gefühl: Mit der Kirch ist’s aus!

Für die einen sind Papst oder Bischof ein Problem,
andere machen sich’s lieber zu Haus bequem.
Der Messbeginn scheint einigen zu verfrüht,
die Predigt auch nicht bei allen zieht.

Garniert mit Humor, das passt in diese Tage,
stell ich mir heut mit euch die Frage:
Was muss man tun, dass Kirche ist „in“
und die Leute gehen gerne hin?

Vielleicht sollten wir uns an denen orientieren,
die Kunden geschickt in ihre Geschäfte führen.
Werbestrategie heißt das Zauberwort,
das alle Probleme schiebt scheinbar fort.

„Sonntagsmesse“ – das klingt nicht mehr modern,
vielleicht bleiben darum viele fern.
Viel besser klänge „Spiritueller Wellness–Trip,
für ihr Wochenend der besondre Kick!“

„Wir bieten Kurse für Körper und Seele,
damit es Ihnen an gar nichts fehle!“
Die Kurszeiten verteilt auf alle Sonntage im Jahr,
dazu noch special Events, ein paar:

Weihnachten und Ostern noch jeder kennt,
die verkaufen wir neu als „Mega-Event“.
Per Internet könnte man Tickets kaufen
oder in einer Live-Show kräftig drum raufen.

Leute, ich sag’s euch, die Zeit ist nicht mehr fern,
wir werden noch einmal so richtig modern!

Damit das ganze nicht wird zum Flop,
machen wir die Lektoren in Rhetorik noch top.
Sie verkünden das Wort mit Händen und Singen,
machen ne Show, wie wir’s in Amerika finden.

Die Ministranten lernen sich öffentlich bewegen,
laufen herein wie Super–Models auf ihren Stegen.
Wir beginnen zu rappen, statt nur zu singen,
dann können wir so richtig swingen.

Leute, ich sag’s euch, die Zeit ist nicht mehr fern,
wir werden noch einmal so richtig modern!

Dazu passt ein andres Zeichen unserer Zeit:
Ohne Auto kommt keiner recht weit.
Drum bauen wir am Kirchplatz einen Drive-In.
Da fährt man mit dem Auto wie bei Mc Donalds hin.

Vielleicht könnte man sogar den Bischof inspirieren,
statt eines BigMacs einen „Vatikaner“ zu kreieren.
Für Kids gibt’s aus Plastik, weil’s gefällt,
einen Heiligen als Action-Held.

Ja, und sollte den Petersstuhl mal ein andrer erben,
lassen wir den neuen Papst im Carsting bewerben.
Die besten kommen in die Fernsehshow,
wo jeder zeigen kann sein christlich Niveau.

Jede Woche sucht man eins der Gebiete aus
und wie in Starmania fliegt dann einer raus.
Am Schluss gibt’s den großen Show-Down,
auf die Publicity können wir lange baun!

Leute, ich sag’s euch, die Zeit ist nicht mehr fern,
wir werden noch einmal richtig modern!

Und wer die Kirche nur braucht beim Sterben,
kann sich einen Last-Minute-Service erwerben.
Wer nur in die Kirche geht all heilig Zeit,
für den ist ein Highlight-Package ganz gescheit.

Keine Frage, bei dieser Behandlung,
bekommt man sogar einen Logen-Platz zur Wandlung!
Und wer die Kirch für seine ganze Familie will haben,
dem müssen wir was vom Familien-Bonus sagen!

Für die Pfarrkinder gibt’s nen Chat,
auch so kann man miteinander reden ganz nett.
Seelsorge wird so übers Internet betrieben,
gechatet wird über alles, auch Stehlen und Lügen.

Dann ist der Priestermangel kein Problem,
denn pro Dekanat reicht ein Administrator bequem.
Aber noch ist nicht alles virtuell,
in der Pfarre leben wir zum Glück reell!

Wenn ihr mal mit offnen Augen schaut,
was ihr mit Gottes Hilfe schon aufgebaut,
So kann keiner mehr sagen:
„Die Kirche ist ein alter Laden!“