Das erste Wort des Titels beschreibt das in Bludenz wunderbar blau-weiß gekachelte Vorlesepult im muslimischen Gebetsraum neben den Bahngleisen. Das zweite Wort nennen wir in unseren Kirchen die Kanzel. Naja, und das dritte Wort kennen wir aus unserem Sprachgebrauch, wenn es ums Essen geht.

Ein kleines Titelwortspiel, das unsere Nähe ausdrückt. Hier leben wir. Miteinander. Nebeneinander. Am vergangenen Wochenende luden die Muslime aus Bludenz, organisiert von ATIB, die Bevölkerung zum gemeinsamen Feiern und damit zum Kennenlernen ein. Oftmals machen wir das selbe. Im Christlich-Muslimischen Forum. Formal, mit Vorträgen und Erklärungen. Die Muslime gehen andere Wege. Sie sagen einfach, man solle kommen, wenn man wolle.

Frauen produzieren LahmcunRegen prasselt auf das Zeltdach, meine Frau und ich betrachten die Frauen, kniend vor kleinen Tischen, vertieft in die Produktion der hauchdünnen Teigfladen. Lahmacun, die türkische Pizza, entsteht am laufenden Band. Eine junge Frau lädt uns ein, ein Stück davon zu kosten. Daneben Fischgerichte, Geschnetzeltes, selbstverständlich der obligate Döner. Türkische Kinder mit Pommes auf Schalen, ebenso obligat. Junge Männer servieren Türkischen Tee in klassischen Tassen, stark gesüßt. Buffet reiht sich an Buffet. Männer und Frauen an den Tischen, lachend, trinkend, rauchend. Türkische Musik belebt den großen Platz zwischen Tankstelle und Bahngleisen.

Wir streifen unsere Schuhe ab und betreten einen wunderschönen Gebetsraum. Ein Prospekt verrät uns, dass Muslime in der Moschee stets mit dem rechten Fuß voran über die Schwelle in den Raum gehen und umgekehrt, den Gebetsraum mit dem linken Fuß voran verlassen. Ein junger Mann begrüßt uns, der Imam erläutert die Architektur des Raumes. Auf Türkisch. Der junge Mann übersetzt.

Dikkah

Von der Dikkah aus, einem winzigen Platz in der hinteren Ecke des Raumes, wird das Iqama, also die Aufforderung zum Gebet, ausgerufen. Man glaube immer, wenn ein Minarett gebaut werde, sagt der junge Mann, dann höre man auch gleich einen Muezzin durch die Stadt rufen.
Das glaubt man, ja, sagen wir.

Mihrab

An der Stirnseite in Richtung Kaaba, also Richtung Mekka, ist eine Nische in die Wand eingelassen. Das Halbrund reflektiert den Schall des Vorbeters, des Imam.
Kluge Architektur, sagen wir.

Kursi

Das Vorlesepult. Der junge Mann sagt, von dort aus werde im Bludenzer Gebetsraum "diskutiert". Es finde Religionsunterricht statt und oftmals, bei Versammlungen, spreche der Imam von dort aus zu den Gläubigen.
Der Gebetsraum als Versammlungsraum, sagen wir.

Minbar

Auf der anderen Seite des Raumes sind schlichte Steintreppen aufgemauert worden. Die "Kanzel" des Gebetsraumes wird beim Freitagsgebet verwendet. Von dort aus "predigt" der Imam. Im Gegensatz zum Kursi bleiben die Gläubigen passiv, das Gesagte wird nicht diskutiert.
Wie bei uns, sagen wir.

Moslem mit Kind

Der Regen lässt nach. Von türkischer Musik getragen betrachten wir die Verkaufstische. Koran. Gebetsketten. Aber auch Jeans und Tücher. Türkische Kinder fahren mit einer kleinen Eisenbahn im Kreis. Türkische Frauen schaukeln ihre Kinderwagen. Türkische Männer debattieren. Wir treffen vier andere Leute-nicht-türkischer-Abstammung. Vier.

Hier also leben wir. Miteinander. Nebeneinander.