Der Civil March for Aleppo (Bürgermarsch für Aleppo) ist von Anna Alboth ins Leben gerufen worden. Gegen das Töten in Syrien will ihr Fußpilgerweg des Friedens ein Zeichen setzen. Von Berlin aus sind die Friedenswanderer quer durch Europa - entlang der so genannten Flüchtlingsroute - auf dem Weg nach Syrien. Anfang Februar haben die Friedenswanderer den Nordosten Österreichs erreicht.

(pressenza.com_08022017) Seit Anfang Februar ist der Bürgermarsch in Österreich unterwegs und hat bereits Niederösterreich zu Fuß durchquert. Am 7. Februar sind die Marschteilnehmer in Wien angekommen. Mehr als 1.500 Menschen haben bislang an verschiedenen Teilen der Strecke von Berlin bis Wien teilgenommen. Es ist eine Solidaritätsinitiative, die ermutigen möchte, sich aktiv für Geflüchtete und für Frieden und für die Zivilbevölkerung in Syrien einzusetzen. Im Interview mit Anna Alboth, der Initiatorin des Marsches, wird der inhaltliche Ansatz und der bisherige Weg erhellt.

pressenza: Wie geht es Euch/Dir jetzt nach diesen ersten 45 Tagen?
Anna:
Ich bin froh, dass wir diese 45 Tage geschafft haben. Als wir gestartet sind hatte ich die Befürchtung, dass die Leute nach einer Zeit genug haben, dass das Team auseinanderfällt. Es gab so viele Herausforderungen und wir wussten nicht wieviele Probleme noch kommen werden. Wenn wir gewusst hätten, was für Probleme auf uns zukommen, hätten wir diesen Marsch vielleicht nicht begonnen. Es sind logistische Probleme wie das Wetter. Während des Marsches sind manche Leute krank geworden. Es gab auch Kritik von Menschen, die gegen den Marsch waren und die versuchten ihn zu boykottieren.
Es wurden verschiedene Informationen verbreitet z.B. dass ich Menschen dafür bezahle, dass sie beim Marsch mitmachen. Das war für mich sehr schmerzhaft. Ich habe körperlich sehr viel Energie, und ich glaube, dass dieser Marsch Sinn macht. Wenn du allerdings am Abend müde bist vom Laufen und dann deinen Computer startest, und du dann mit diesem „online war“ konfrontiert bist……habe ich auch oft geweint. 
Körperlich geht es mir gut und mental ….. Jeder von uns hat ab und zu einen Moment der Erschöpfung. Aber ich fühle mich sehr verbunden mit den Leuten.
Wir treffen alle 2-3 Tage syrische Menschen, es gibt viel Kommunikation und Austausch zwischen den Marschteilnehmern, den Syrern und Menschen denen wir begegnen. Was ich gar nicht erwartet habe ist, dass die Leute, die einen Teil des Marsches mitgegangen sind, heimkommen und dort Projekte starten.  Ich fühle tief in mir, dass dieser Marsch Sinn macht und es gut ist, was wir tun, aber ich habe nicht erwartet, dass es so schnell Ergebnisse gibt.

pressenza: Was glaubst Du passiert, wenn Ihr die syrische Grenze erreicht?
Anna:
Momentan ist es unmöglich, die syrische Grenze zu passieren. Falls wir morgen an der Grenze ankommen würde, wäre es unmöglich nach Syrien einzureisen. Und das ist genau das Problem. Menschen sollte es möglich sein, nach Syrien einzureisen. Und es sollte ihnen auch möglich sein, zu den Städten zu gelangen. Die Situation hat sich geändert, seit wir begonnen haben den Marsch zu planen. Wir wurden von vielen Leuten angesprochen, ob wir wissen dass sich die Situation in Aleppo geändert hat (Zugang, Grenzsperrung). Ich sagte, ja ich bin mit Leuten in Kontakt, aber ich glaube nach so vielen Jahren des Krieges ist es wichtig und wir können das nicht einfach so vergessen. Deshalb heißt der Marsch „Civil March for Aleppo“ und nicht „Civil March to Aleppo“.
Und selbst wenn dort Friede, Freude und Demokratie wären und alles, was wir uns wünschen, gibt es noch viel zu tun. So wie nach jedem Krieg für viele Jahre viel zu tun ist. Und ich wünsche mir, dass die Augen der Welt weiterhin dort hinsehen, vergesst es nicht. Und natürlich in meiner schönsten Vorstellung kommen wir an, wir riskieren niemandes Leben, um nach Syrien zu kommen. Und vielleicht werde ich jeden dort umarmen, den ich treffe.

pressenza: Welche Erlebnisse möchtest Du noch mit uns teilen?
Anna:
Wir begannen den Marsch mit ca. 500 Leuten. Es sind zehn Menschen, die seit Anfang an den ganzen Weg dabei sind. Es gibt ständig Wechsel von den Marschteilnehmern. Bis jetzt sind über 1.500 Menschen mitgegangen. Manchmal sind wir 20 Leute und manchmal 200. Manche Menschen gehen für einen Tag mit, manche für eine Woche. Es ist wunderschön, dass es rotiert, aber es ist auch sehr erlebnisreich, weil die Gruppe jeden Tag neu gemischt ist. Und es kann sich nicht wirklich eine Gruppendynamik entwickeln. Für das Projekt im Allgemeinen ist es sehr schwierig.
Wir brauchen eine Ausgewogenheit zwischen ernsten Sachen z.B. Veranstaltungen, Diskussionen am Abend oder wir sehen einen Film an und diskutieren danach. Wir wollen uns weiterbilden. Aber dann brauchen wir auch etwas Spaß, weil wir nonstop mit einer Gruppe von Menschen zusammen sind, wir schlafen gemeinsam an einem Platz, wir gehen 30 km, manchmal bei -16° C. Die Leute brauchen Erholung, ansonsten werden sie verrückt.

Ich habe keine Erfahrung etwas zu organisieren, also machten wir viele Fehler. Ich habe das Gefühl der Civil March ist ein langer Prozess des Lernens, eine Ausbildung in Politik, Ausdrucksweise und wie wir diskutieren ohne zu streiten. Und all die logistischen Themen, wie organisiert man ein Frühstück und kocht für 200 Leute. Ich wusste es nicht, aber jetzt weiß ich es.

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