Die "Gedenkgruppe Bregenz" veranstaltete am 17. November 2016 einen Vortragsabend mit dem Zeitgeschichtler Mag. Meinrad Pichler (Bregenz). Thema des spannenden Abends im "vorarlberg museum" war: "Der nationalsozialistische Verfolgungsapparat. Am Beispiel der Geheimen Staatspolizei Bregenz und der Staatsanwaltschaft Feldkirch". Der Vortragsabend fand in der Reihe des jährlichen Carl-Lampert-Gedenkens statt.

Das Foyer des vorarlberg museum" war bis auf den letzten Platz gefüllt. Der komplette Stuhlbestand des Hauses musste nachbarschaftlich erweitert werden, damit keiner der zahlreichen Gäste den spannenden Ausführungen Meinrad Pichlers im Stehen folgen musste. Mag. Meinrad Pichler schilderte in seiner unnachahmlichen Art und Weise das Werden und Funktionieren des Nazi-Verfolgungsapparates, der so genannten: Geheimen Staatspolizei (= GESTAPO), und beleuchtete im die Vorgänge in Bregenzer und Feldkirch in besonderer Weise. 

Pichler ist nicht nur ein hervorragender Historiker sondern auch ein begnadeter Geschichte(n)erzähler. Engagiert in der Sache, aus einem enormen Wissensvorrat schöpfend und in jedem Detail sachlicher Korrektheit verpflichtet, schafft er es, die so genannten „dunklen Jahre“ (1938-1945) unserer Ländle-Geschichte auszuleuchten, stellt Ereignisse, Strukturen und handelnde Personen ins helle Licht der Erinnerung. Auf höchst lebendige, ja mitreissende Art, öffnet er die allzu oft und gern verschlossenen Archive des öffentlichen Lebens für die Gegenwart. Dabei nennt er „Ross und Reiter“ beim Namen, aber ohne jede Spur von Ressentiment, ohne moralisierende Zwischentöne oder verkappte Vorurteile. Damit erreicht der Historiker seine Zuhörer_innen nicht nur im Kopf, sondern weckt - oft sehr persönliche, tiefe Erinnerungen - an familiäre und auch öffentliche Ereignisse und Vorkommnisse.

Es sind oft Details, durch die die grosse Geschichte‘ ein Gesicht bekommt, fassbar und nachvollziehbar wird. Dass beispielsweise Weihbischof Franz Tschann (1936 - 1955) dem Gestapo-Mann Josef Gschwilm - damals zuständig für die Verfolgung und elende Schikaniererei der katholischen Kirche - Laien wie Ordensleute oder Klerus - im Gau Tirol/Vorarlberg - aus "unerfindlichen Gründen einen Persilschein‘ ausgestellt hat', mit dem sich der Nazi-Verbrecher aus dem Lager Lochau, wo er auf seinen Prozess wartete, entfernen und der weltlichen Gerechtigkeit entziehen konnte. Dieses (und andere) Beispiel(e) lassen Konturen des Glaubenszeugnisses des Volkes Gottes in Vorarlberg ebenso erkennen wie auch dessen Unterlassung deutlich wird. So wird die „Geschichte zur Lehrerin“ und - beileibe nicht nur für katholische und andere Christen zur Hilfe bei der „Reinigung des Gedächtnisses“, wie Johannes Paul II. (in Tertio Millenio Adveniente, 1994) und damit den Ortskirchen und Glaubensgemeinschaften die Aufgabe der Erinnerungsarbeit im Glauben dauerhaft ins Stammbuch geschrieben hat. 

Die NS-Diktatur schaltete zugunsten der Polizeigewalt die parlamentarische Kontrolle total und die Rechtsprechung weitestgehend aus. Der „Führerwille“ bestimmte die Politik und die 'Gestapo' verfolgte jede Form von Opposition. Dem staatlichen Terror waren alle Lebensbereiche ausgeliefert. Der Polizeiapparat konnte auf die Mitwirkung der Leute aus dem Volk zählen, sodass Misstrauen und Verrat das soziale Klima zugunsten der Nazi-Herrschaft dominierten. Nicht nur unter dieser Rücksicht war der Abend mit Mag. Meinrad Pichler ein "Lehrstück" für den befreienden und verantwortlichen Umgang mit den "dunklen Jahren" der Nazizeit in unserem Land, der ohne nachzulassen, vertiefend und erhellend kultiviert gehört.

Neben dem Carl-Lampert-Forum haben  folgende weitere Institutionen und Gruppierungen diese von der „Gedenkgruppe Bregenz“ (Andreas Eder, Herbert Pruner, Werner Schelling, Walter Buder) organisierte Veranstaltung unterstützt: erinnern.at, J.-A.-Malin-Gesellschaft,  Renner-Institut, Grüne Bildungswerkstatt, Carl-Lampert-Forum, Arbeitsgemeinschaf Christentum und Sozialdemokratie, ÖGB Vorarlberg, Ökumenisches Bildungswerk Bregenz und Pax Christi Vorarlberg.