Wie und wohin sich die Katholische Kirche und ihre Pfarren in Vorarlberg entwickeln, ist Thema der Lokalen Kirchenentwicklung. Eine Steuerungsgruppe mit neun Mitgliedern koordiniert die unterschiedlichen Bereiche, überprüft die Rahmenbedingungen und schlägt neue Wege vor. Die Grundhaltungen dahinter sind stets: Veränderungen werden akzeptiert und Chancen genützt. Dafür braucht es einen klaren Blick auf unsere Pfarren und die Menschen heute.

Elisabeth Willi

Lokale Kirchenentwicklung, abgekürzt LoKi. Hinter diesem Begriff steht nichts weniger als die gute Zukunft der Kirche und somit auch unserer Pfarren in Vorarlberg.
Veränderte Gesellschaft – andere Bedürfnisse – viele verschiedene Lebenswelten der Menschen: Die Kirche befindet sich seit Jahrzehnten in einem Veränderungsprozess, und er wird noch lange nicht stillstehen. Wie die Kirche in Vorarlberg auf diese umwälzenden Veränderungen reagieren soll, wurde bereits beim Pastoralgespräch „Wege der Pfarrgemeinden“ von 2008 bis 2010 intensiv diskutiert.
Grundlegend dabei waren – und sind immer noch – die Haltungen: Veränderungen können ein Hinweis des Geistes Gottes sein. Es gilt: Nicht erleiden, sondern den Übergang aktiv gestalten. Es sollen Chancen genützt und verlässliche Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung des pfarrlichen Lebens geschaffen werden.
Vieles wurde in der Katholischen Kirche Vorarlberg seit dem Pastoralgespräch „Wege der Pfarrgemeinden“ umgesetzt: Zielhaltungen wurden festgelegt, Pfarrverbände und Seelsorgeräume errichtet, Pfarrbeauftragte gefunden, Pastoralteams gegründet, neue Pfarrgemeinderäte gewählt, Fortbildungskurse durchgeführt u. v. m.

Die Hauptthemen

Wie und in welcher Zahl die Stellen der Priester und der pastoralen Mitarbeiter/innen besetzt werden, wurde im Struktur- und Stellenplan 2025 festgelegt. Ebenso wurde geprüft, in welchen Regionen Pfarrverbände und Seelsorgeräume sinnvoll sind und angestrebt werden. Nun – zehn Jahre später – ist der Plan in großen Zügen umgesetzt. Jetzt macht es Sinn, die bestehenden Stellenbeschreibungen von Priestern und theologischem Fachpersonal, aber auch die Leitungspraxis weiterzuentwickeln. Über all dem steht immer die Frage: „Wie entwickelt sich unser Glaube und die Menschen, die hier leben?“ 
Um diese vielfältigen Themen zu verbinden, weiterzuentwickeln und die richtigen Schlüsse zu ziehen, wurde 2018 eine Steuerungsgruppe eingerichtet. Mit den jeweiligen Verantwortlichen werden einzelne Prozesse reflektiert und der Lernertrag gesichert. So können z.B. Leitungsmodelle oder Stellenprofile, die sich an einem Ort bewährt haben, auf andere Orte übertragen werden. Jüngste Beispiele dafür sind die Errichtung der neuen Seelsorgeregion Vorderland oder die Überarbeitung des Leitungsmodells des Seelsorgeraums Dornbirn und Bregenz.

Mitglieder der Steuerungsgruppe

Die Mitglieder der Steuerungsgruppe spiegeln die breiten Themenfelder der Lokalen Kirchenentwicklung wider: Da sich sehr viel um Personalfragen dreht, ist Peter Mayerhofer, Leiter der Personalstelle der Katholischen Kirche Vorarlberg, darin vertreten. Er kann aber nicht schalten und walten, wie er will, sondern schlussendlich ist immer auch die Frage abzuklären „Welchen Spielraum gibt das Kirchenrecht?“ Darin ist z.B. festgeschrieben, dass in einem Seelsorgeraum die Letztverantwortung stets bei einem Priester liegen muss. Gerhard Walser, Leiter der Rechtsstelle, ist deshalb auch Mitglied der Steuerungsgruppe. Wie und ob die Pläne finanziert werden können, weiß Andreas Weber, Direktor der Finanzkammer, der ebenfalls in der Steuerungsgruppe arbeitet. Geleitet wird sie von Pastoralamtsleiter Martin Fenkart. Weiters darin vertreten sind: Generalvikar Hubert Lenz, der neue, noch vakante Vorsitzende des Priesterrates, die Vorsitzende des Pastoralrates Christine Vonblon, Nora Bösch als Sprecherin der Berufsgemeinschaft der Pastoralassistent/innen, Reinhard Waibel als Vertreter der Diakone und Thomas Berger-Holzknecht, Leiter des Teams Entwicklung und Neuland.

Kirchenentwicklung konkret

„Es ist ein Riesen-Blumenstrauß, und alles hängt zusammen“, beschreibt Pastoralamtsleiter Martin Fenkart die Lokale Kirchenentwicklung. „Die Kirche der Zukunft wird vermutlich sehr vielfältiger, weil sie sehr stark von der Unterschiedlichkeit der Menschen mit ihren verschiedenen Talenten und Bedürfnissen geprägt sein wird.“ Es werde nicht das eine Leitungsmodell geben, sondern unterschiedliche – wie es bereits heute schon der Fall ist. Das große Anliegen sei immer: die christliche Botschaft und die Nähe zu den Menschen zu leben. Dies könne dann so aussehen: „In einem Pfarrverband mit vier Pfarren soll es nicht so sein, dass der Priester von einer zur anderen Pfarre hetzt, sondern dass es in jeder der vier Pfarrgemeinden Gesichter gibt, die für die Kirche an diesem Ort stehen. Diese kennt man persönlich, man ist mit ihnen in Beziehung.“ 
„Die Zukunft der Kirche hat mit Talenten zu tun“, führt Martin Fenkart weiter aus. Das bedeutet: Die Kirche sieht die Christ/innen mit ihren Talenten und Bedürfnissen und befähigt sie, diese im Dienst der Menschen zu leben. Denn, ist es nicht etwas vom Urchristlichsten, der/dem Nächsten zur Seite zu stehen? „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25).

Flexibel und agil

Die christlichen Gemeinden werden sich nach den Menschen, die dort leben, entwickeln: Eine Gemeinde, in der 20 Sänger/innen wohnen, wird vermutlich andere Schwerpunkte setzen und anders aussehen als eine, in der es viele Personen gibt, die alte und kranke Menschen besuchen wollen. „Nicht jede Pfarre kann und will alles machen, wir werden agiler und flexibler sein müssen“, erklärt Martin Fenkart.
Momentan ist es in den Pfarren nicht selten so: Es wird z.B. ein Lektor gesucht, weil man einen Lektor braucht. Man schaut sich nach einem Organisten um, weil einer benötigt wird. Das ist alles sehr wichtig, zu wenig wird aber gefragt, was Susi Müller, die auch in der Pfarre wohnt, gut kann und was sie zum Wohle anderer Menschen einbringen will. Die Perspektive muss geändert werden – indem man Menschen wie Susi Müller kennenlernt und sie fragt: „Was und wie glaubst du? Wie bringst du dich, inspiriert vom christlichen Glauben, in die Gesellschaft oder eines Tages vielleicht sogar in unserer Pfarre ein?

Gute Zukunft

Um all diese Änderungen gut begleiten zu können, muss die Katholische Kirche Vorarlberg Strukturen schaffen, Sicherheit und Orientierung geben im Bereich Personal und Finanzen. Dies geschieht im Rahmen der Lokalen Kirchenentwicklung. LoKi ist also die gute Begleitung eines Veränderungsprozesses, LoKi betrifft die Entwicklung unseres Glaubens und der Menschen, die hier leben. LoKi will die gute Zukunft fördern.

 

Kirchenentwicklung von der Caritas aus gedacht

Drei Thesen von Caritas-Direktor Walter Schmolly

  • Die Kirche sollte nicht vorgeben „Lebe so und so. Tue das. Dies und jenes ist verboten.“ Sondern: Die Kirche soll Gotteserfahrung ermöglichen. Das kann durch Musik, durch Stille, durch den Austausch über die Bibel, das Leben passieren. Dann ist der Glaube ein Ergriffen-sein und nicht ein Begriffen-haben.
  • Die Kirche sollte nicht tun, tun, tun und machen, machen, machen. Sondern: Leben teilen mit den Menschen. Zeit mit Menschen verbringen, Freundschaften eingehen, offen sein für neue Beziehungen und verstehen, was Menschen brauchen oder  auch nicht brauchen.
  • Die Kirche sollte nicht von „den Menschen da draußen und uns hier drinnen“ sprechen und nicht zwischen der Kirche als Institution und der Gesellschaft unterscheiden. Sondern: Es ist als Gesamtes zu sehen.