Die Begleitung von Menschen, die mit dem Tod konfrontiert sind, ist eine Grundaufgabe der Kirche. Hier bringt sie jahrtausendalte Erfahrung mit. Dennoch gilt es, sich den Veränderungen der Zeit zu stellen - und derer gibt es heute viele. Um Engagierte in den Pfarren dabei zu unterstützen, lud das Pastoralamt zum Studientagung zum Thema "Tod und Trauer". Ein bereichernder Tag.

Dass die Studientagung zum Thema „Tod und Trauer“ mit lautem Gelächter beginnt, damit haben wohl weder das Organisationsteam um Hans Rapp noch die rund 200 Teilnehmer/innen gerechnet. Grund dafür ist ein Lied von Konrad Bönig, in dem er in die Rolle eines Bestatters schlüpft und von seinem Alltag singt (hier finden sie das Lied zum Nachhören). Dem Liedermacher aus Thüringen gelingt es, die Vorträge des Tages mit tiefsinnigen und humorvollen Stücken zu unterbrechen – sympathische, geistreiche Abwechslungen, die dem Thema von dessen Schwere nehmen.

In seiner Begrüßung betont Bischof Benno Elbs die Bedeutung der Begleitung von Trauernden. "Es ist unsere Pflicht, hier unser Bestes zu geben." In Gesprächen hat er erfahren, dass sogar junge Menschen hier der Kirche Kompetenz zutrauen. Entscheidend dabei ist die eigene Überzeugung, so Bischof Benno. "Wir sind Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung."

Werk der Barmherzigkeit

„Pastoral heißt mit Menschen in Beziehung sein“, so lautet eine der Grundüberzeugungen von Elmar Simma, der mit seinem Vortrag den Vormittag eröffnet. Für ihn umfasst die ideale Sterbebegleitung die Zeit vor, beim und nach dem Sterben. Konkret bedeutet das einen Besuch drei Wochen nach der Beerdigung oder einen Anruf zum Jahrtag. Er sieht im Begräbnis in erster Linie ein Werk der Barmherzigkeit. Der Privatisierung, also stillen Begräbnissen kann Simma wenig abgewinnen – sie nehmen der Gemeinde die Möglichkeit zur Verabschiedung und zum Ausdruck ihrer Wertschätzung gegenüber dem Verstorbenen. Der letzte Wille des Verstorbenen ist für den Seelsorger nicht das alleinige Kriterium, das die Form der Feier bestimmt. Es geht dabei auch um die Angehörigen. „Stimmig“ soll die Feier sein – und Stimmigkeit muss im Gespräch gesucht werden.

Um wen geht es beim Gottesdienst?

Auf die Unterscheidung zwischen einer Feier für die Trauernden und einer für die Verstorbenen weist auch Eduard Nagel hin. In der katholischen Begräbnisfeier geht es – wie der Name schon sagt – um den Verstorbenen, um sein Seelenheil, so der Liturgiewissenschafter aus Trier. "Wir nehmen den Menschen in die Mitte und tragen ihn vor Gott hin", erläutert er den katholischen Ritus. Dabei wird das Sterben als Prozess gesehen, als Übergang von dieser Welt in die Ewigkeit, die unterschiedlichen Riten - am Totenbett, in der Totenwache, bei der Begräbnisfeier, am Grab, beim Jahrtag oder Gedenkgottesdienst - sie drücken den Prozess aus. Aber nicht nur dem Übergang der Verstorbenen wird Raum gegeben, sondern auch jenem der Hinterbliebenen. Denn auch sie gehen in ein anderes Leben, nämlich in jenes ohne den Verstorbenen.

Angesichts der Unterschiedlichkeit der Menschen – vom Gläubigen bis zum Atheisten – ist für Nagel eine klare Haltung hilfreich, gerade wenn es um individuelle Gestaltungwünsche der Angehörigen geht. „Die Liturgie hat eigene Inhalte und Aussagen, sie folgt ihren eigenen Regeln“, so der gebürtige Lustenauer. „Gesänge sind Teil der Liturgie, nicht schmückendes Beiwerk“. Der Liturgiker plädiert für Einheit und Geschlossenheit innerhalb einer Diözese. „Unsolidarisches Verhalten schädigt die Gemeinde, Beliebigkeit macht unglaubwürdig.“

Zwei weitere Themen, die Vorarlberg betreffen, bringt Nagel ins Gespräch. „Der Trend zur Feuerbestattung ist überwältigend", stellt er fest. "Doch für viele alte Menschen ist es kaum möglich, sich dieser ‚Gewalt’ zu widersetzen.“ Angsichts der Arbeit, die eine Grabpflege mit sich bringt, verstummen viele Alte aus Rücksicht auf ihre Angehörigen. Ein offenes Gespräch wäre hier wichtig, betont der Liturgiker. Des Weiteren weist Nagel auf die Bezeichnung „Auferstehungsgottesdienst“ hin, die in Vorarlberg vielfach verwendet wird. Während sich zum Beispiel im Bußgottesdienst oder in der Tauffeier das Geschehen im Namen erschließt, fehlt diese Logik hier. Denn: Gibt es eine Auferstehung des Verstorbenen im Gottesdienst?
Den Vortrag in gesamter Länge finden Sie hier.

Trauer als Pendelbewegung

Wie das Sterben selbst, so ist auch das Trauern ein Prozess. Das ist eine der Grundaussagen von Melitta Schwarzmann, die den Prozess unter dem Titel "Du bist tot - die Beziehung bleibt" aus psychologischer Sicht beleuchtet. Sie spricht von einer Reise, die für jeden Menschen anders ist: unterschiedliche Routen werden gewählt in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Entscheidend ist, jede Form des Trauerns zu respektieren. Zwei Aufgaben gibt es für den/die Trauernden: Einerseits muss er den Tod akzeptieren und lernen, ohne den Verstorbenen zu leben. Beides braucht Zeit, erklärt Schwarzmann immer wieder. Jedes Drängen ist fehl am Platz. Die zweite Aufgabe besteht darin, eine innere Beziehung anzuerkennen und an ihr zu arbeiten. Das kann über Erinnern geschehen, über innere Dialoge mit dem Verstorbenen oder über den Platz, der ihm bzw. ihr im Leben nun eingerichtet wird.
Grundsätzlich vollzieht sich der Prozess als Pendelbewegung – zwischen Schmerz und Halt, zwischen Trauer und Getragen-Sein. Es braucht beides. Rituale sind Möglichkeiten, Halt zu erfahren. Insgesamt ist ein Trauerprozess ein Entwicklungsprozess, der zu einer konstruktiven, heilsamen Lebenshaltung führen kann, zur Freude am Schöpferischen.

Auferstehung als zentraler Glaubensinhalt

Der vierte Impuls des Vormittags kommt von Generalvikar Rudolf Bischof. Seine Aufgabe besteht darin, die Auferstehung als zentralen christlichen Glaubensinhalt zu erläutern. Dazu erzählt er zu Beginn von einer 91-Jährigen, die wieder in die Kirche eintreten will. Sie habe bei einer Beerdigung den Glauben an die Auferstehung so stark erlebt, dass sie zu dieser Gemeinschaft dazugehören wolle.
Der Generalvikar skizziert biblische Erzählungen, die ein Bild der Auferstehung zeichnen: die Verklärung Jesu, die Emmaus-Geschichte, die Frauen am Grab oder das Ende des Buches Kohelet. Er verweist auf Theologen wie Teilhard de Chardin oder Karl Rahner, die je auf ihre Art und Weise zum Ausdruck gebracht haben, dass mit dem Tod etwas Neues beginnt, dass dort Gott auf uns wartet.

Nach den vormittäglichen Vorträgen haben die Teilnehmer/innen die Gelegenheit, in Ateliers die Vorträge nochmals zu vertiefen oder praktischen Fragen nachzugehen. Hier geht es um Friedhofsgespräche oder Sterberituale, um Pfarrbroschüren und den Umgang mit Suizid.
Schließlich treffen sich die Teilnehmenden in regionalen Gruppen zum Austausch und bringen ihre Gedanken ins Plenum ein. Dabei wird klar, wie wichtig Auseinandersetzung und Austausch für die Engagierten in den Pfarren ist. Und umgekehrt: wie wichtig das Engagement für das Wirken der Kirche ist. Bischof Benno spricht hier allen Frauen und Männern, die in Totenwache-Teams oder in der Hospizbewegung tätig sind, großen Dank aus.

Handouts und andere Materialen zur Tagung finden Sie hier.