Sandra Friedle, Pastoralassistentin in der Pfarre Rankweil, darüber wie man dem „pastoralen Hamsterrad“ entkommt und was der WhatsApp Status neuerdings für sie bedeutet.

Komischerweise sah ich es von Anfang an als eine Chance, dass sich vieles Neues entwickeln kann. Wieso kann ich nicht genau erklären, aber ich war getragen von einem tiefen inneren Vertrauen. Möglichkeiten, Kreativität und das berühmte „Wehen eines neuen Geistes“ standen bei mir im Mittelpunkt meiner Überzeugung.

Aha-Erlebnisse und Hauskirche pur…

Gerade in dieser Zeit war es für mich umso wertvoller, gemeinsam mit anderen unterwegs zu sein. Von #Trotzdem Ostern feiern mit Kindern über eine virtuelle Fürbittwand auf der Homepage, täglichen Versöhnungsimpulsen für Jugendliche bis hin zur Hauskirche wurde dieser neue Geist erlebbar. Eindrückliche Fotos und positive Rückmeldungen erreichten uns. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir drei Aussagen: „Das war das schönste Osterfest“, „So intensiv habe ich Ostern schon lange nicht mehr gefeiert“, „Die Kinder sind ganz gefesselt von den Texten aus dem Kinderkirchebüchlein“. Allerdings merkte ich, dass gewisse Zielgruppen wie Singles, Obdachlose, Ehepaare ohne Kinder eher untergingen. In unserer kleinen 3er Hausgemeinschaft feierten wir Sonntag für Sonntag Hauskirche. Eine neue und bereichernde Erfahrung für uns alle. Auch andere Personen berichteten mir, dass sie sich zu Hause intensiver mit dem Glauben, den biblischen Texten auseinandersetzen als in der Kirche, wo man als Mann bzw. Frau doch leicht nur als „TeilnehmerIn“ dabei sei.

Social Distance versus Social Neighborhood

Skype, Zoom, SMS, Telegram, WhatsApp und vor allem den WhatsApp Status entdeckte ich als wichtige, schnelle und einfache Möglichkeit Kontakt zu halten. Als großes Geschenk erlebte ich die persönlichen Einzelgespräche mit den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, welche im normalen „pastoralen Hamsterrad“ begrenzt sind. Obwohl ich zu Hause „festsaß“ war ich mit den Menschen „draußen“ intensiv verbunden. Eine Folge meiner aktiven Telefonseelsorge - ich musste meinen Handyakku täglich zweimal laden. Einerseits wollte ich aktiv aber nicht aufdringlich sein und so entdeckte ich die passive Form des Kontakthaltens mittels dem WhatsApp Status. So entschied jede/r selbst, was sie/er nehmen will und was nicht. In kürzester Zeit hatte ich eine Reichweite von bis zu 150 Menschen unterschiedlichen Alters die täglich meinen Status anschauten. Glaubensgespräche über den Gartenzaun, aktives Einbeziehen der Nachbarskinder beim Ratschen an den Kartagen, gemeinsames Singen und Musizieren zu Ostern und das Versprechen, dass sie nächstes Jahr wieder mit dabei sind – geschenkte und wunderbare Momente. Aber leider auch erlebbar, dass für sehr viele Kirche überhaupt keine Rolle mehr spielt.

Netzwerke nutzen

_ Mein Talent als Netzwerkerin half mir immens. Eine wichtige Erkenntnis scheint mir, dass nicht jede und jeder von uns etwas Neues erfinden muss. Wir können und sollen unseren Ideen miteinander teilen. Voilà - die Geburtsstunde der pastoralen Cloud.

_ Wo Kommunikation vorher gut funktionierte, funktionierte sie auch in dieser besonderen Zeit, ebenso im Umkehrschluss. Es bestätigte sich mein Leitspruch: „Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe“.

_ Unser Glaube und die Botschaft hat Systemrelevanz! Glauben neu zu entdecken und neu zu buchstabieren macht Spaß und weitet den Blick. Die Form darf sich, soll sich und muss sich ganz im Sinne von „ecclesia semper reformanda“ verändern.

_ Raus aus dem Hamsterrad "Alltagspastoral" und rein in die pricklende Sommerkirche ganz im Sinne von J. H. Newmann; „Leben heißt: sich wandeln. Vollkommen sein heißt: sich oft und oft gewandelt haben.“

Also los, lasst uns WANDELN…