Genau das haben sich die rund 30 Mitglieder der erweiterten Projektteams im Vorderland am Morgen ihres Klausurtages in Batschuns auch gefragt. Am späten Nachmittag war die Frage sicher immer noch da - aber die Richtung war klar.

10 Pfarren, das ist das Vorderland von Klaus bis nach Innerlaterns. Gefühlt schließen sich die Gemeinden zu einem Lebensraum zusammen. Im Sozialbereich wird kooperiert, man kennt einander. Und jetzt, jetzt kommt das Projekt Vorderland auch auf pfarrlicher Ebene in die Gänge. Das heißt nichts anderes, als dass man sich in den 10 Vorderlandgemeinden jetzt fit für die Zukunft macht. Denn es wird nicht immer so bleiben, dass fünf Priester für die Region zur Verfügung stehen werden. Priestermangel heißt das eine Schlagwort, Zusammenarbeit das andere.

Alle bleiben eigenständig

Und um hier eines von Anfang an klarzustellen, wurde Michael Willam, der das Projekt im Vorderland bis Herbst 2019 koordiniert und leitet, auch bei der Klausur in Batschuns nicht müde, immer und immer wieder zu betonen, dass die Pfarren eben nicht zusammengelegt werden, dass sie in ihrer Eigenständigkeit erhalten bleiben und man sich nun einfach zusammensetzt und Gedanken darüber macht, wie die Region auch mit weniger Priestern funktionieren kann und wie man in manchen Bereichen besser zusammenarbeiten könnte.

Darf ich vorstellen - das Projekt Vorderland

Die erste Runde bei Klausuren gehört meist der gegenseitigen Vorstellung. Das war auch diesesmal nicht anders. Vorgestellt wurde: das Projekt Vorderland. Ziel: Leitungs- und Organisationsmodelle für die Zukunft zu erarbeiten. Lösungsansatz: Zusammenarbeit intensivieren. Struktur: Steuerungsgruppe (auf diözesaner Ebene), Projektgruppe (vier Priester aus der Region - Pio Reinprecht, Marius Ciobanu, Cristinel Dobos, Placide Ponzo  - und Michael Willam, der Leiter des Projekts), erweitertes Projektteam (30 Vertreter/innen aus den 10 Pfarren) und Spurgruppen (Arbeitsgruppen zu den Themen: Zusammenarbeit im Bereich der Pfarrsekretariate, Kommunikation, Aus- und Begleitung von Ehrenamtlichen, und Firmung). Zeitplan: Konzept erarbeiten und beschließen bis Pfingsten 2019. Umsetzung des Konzepts ab Herbst 2019.

Wer entscheidet?


Und noch etwas wiederholte Projektleiter Michael Willam noch einmal eindrücklich: "Die Entscheidung darüber, ob das, was wir hier erarbeiten so auch umgesetzt wird, liegt bei der Diözesanleitung. Von dort kommt auch der Auftrag an uns, im vorgegebenen Rahmen Vorschläge zu erarbeiten."

Es kann fnktionieren

Dann aber stürzte man sich mitten in die Arbeit. Man hörte von ähnlichen Modellen im Bistum St. Gallen. Dort wurden ebenfalls größere Seelsorgeeinheiten gemeinsam organisiert. Geleitet werden die Seelsorgeeinheiten im Team. Es gibt Pfarrbeauftrage - durchaus Laien - und es gibt natürlich Priester, die sich der Seelsorge widmen können und gleichzeitig im Rädchen die Eucharistie in den verschiedenen Pfarren feiern. Ob es Konkurrenzen zwischen Leiter/innen von Wortgottesdiensten und den Priestern gebe? "Nein, das gibt es nicht", erklärte der Diakon Patrick Schläpfer, der selbst Pfarrkoordinator in einer fünf Pfarren umfassenden Seelsorgeeinheit ist. "Was es allerdings schon gibt, und daran müssen sich alle auch gewöhnen, ist, dass es eben nicht mehr alles überall gibt." Das heißt konkret, dass es in manchen Pfarren eben am Samstagabend eine Echaristiefeier gibt und in anderen am Sonntag. Schwierig, einfach rein zeitlich, wird es zu den Hochfesten im Kirchenjahr - sprich Weihnachten und Ostern. "Da geht es sich zeitlich einfach nicht immer aus, dass die gewohnten Gottesdienstzeiten eingehalten werden könnten. Pfingsten ist da wieder kein Problem. Da feiern wir einfach alle gemeinsam in den zwei größten Kirchen der Region." In St. Gallen wurde die Regionalisierung den Pfarren "übergestülpt". Das heißt: die Not war schon da. Es konnten nicht mehr alle Pfarren besetzt werden und dann kam die Anweisung, eine Region zu bilden. 

In Vorarlberg ist dieser Punkt so noch nicht erreicht. "Deshalb wäre mein Rat an euch: nutzt diese Gelegenheit, an diesem Modell mitzuarbeiten", so Schläpfer, der hinter dem Nachdenken über neue, zukunftsfitte Modele für die Pfarren durchaus auch den Heiligen Geist vermutet - denn der weht ja bekanntlich, wo er will.

Und in Vorarlberg?

Auf den Input aus dem Nachbarland folgte der Blick in die eigene Diözese. Pfarrbegleiterin Hermine Feurstein berichtete an diesem Punkt von ihren Erfahrungen mit ähnlichen Entwicklungsprozessen in anderen Vorarlberger Pfarreinheiten. Veränderung ist immer auch eine Chance, wurde da immer klarer. Und einige Aufgaben können gut im Team organisiert und von Laien realisiert werden.

Dann aber ging es ans Engemachte. Was sind die Stolpersteine des Projekts? Warum braucht es das alles überhaupt? Wollen wir das? Haben wir eine Alternative? Kritik wurde geäußert - zum Beispiel die geplante Größe des Pfarrverbandes von 10 Pfarren - Bedenken artikuliert - zum Beispiel die Gefahr einer Überforderung der Priester wie der Ehrenamtlichen. Gleichzeitig wurden aber auch neue Spurgruppen ins Leben gerufen (Jugendarbeit, Umgang mit Todesfällen, ...). Auch dass das vorgestellte Konzept so auch umgesetzt werden kann, traf bei manchen auf Skepsis. Als ein eher schwieriges Kapitel deutete sich auch die Aufteilung der neu für die Region eingeplanten, zusätzlichen Stellen an. Ein kleines Gedankenspiel dazu: Wenn - Pi mal Daumen - 20 Anstellungsprozent für zusätzliche Sekretariatsarbeiten zur Verfügung stünden, werden sie dann einer Pfarre zugeschlagen, werden sie aufgeteilt, hieße das dann, dass die oder derjenige permanent zwischen allen Pfarren pendeln muss, um seine 2-Prozent-Anstellung zu leisten?

Dass es so natürlich sicher nicht sein wird, war schnell klar. Aber es braucht Diskussion, Planung und Austausch. Auch die Frage danach, wie weit der Venetzungsgedanke denn reiche, wurde öfters geäußert. Geht es zum Beispiel so weit, dass gute Konzepte in der einen Pfarre zugunsten von allgemeinen Konzepten aufgegeben werden müssen? Nein, natürlich nicht. Vernetzung und Verbindung nur dort, wo es Sinn macht, lautete die Antwort Michael Willams. Vernetzung aber sehr wohl, wo es für den gesamten Raum eine Verbesserung darstellt. 

Wir sind im Rückzug und verändern uns

Durchaus schmerzlich wurde an einigen Stellen und Wendepunkten des Tages immer auch spürbar, dass sich Kirche und Gesellschaft verändern. "Wir sind im Rückzug. Kirche heute ist anders als vor 30 Jahren. Derzeit werden wir weniger. Das gab es im Verlauf der Kirchengeschichte schon öfters. Derzeit ist es so - und es kann sich auch wieder ändern. Aber es ist wichtig, dass wir jetzt mit unserer Situation umzugehen lernen", plädierte da Michael Willam für den offenen Austausch von Gedanken und auch das Eingeständnis, dass nicht alles immer so bleibt, wie es immer schon war. 

Am Ende des Klausurtages war man natürlich imer noch meilenweit von der Lösung aller Fragen entfernt. Aber man hatte angefangen miteinander zu arbeiten.

Wie geht es weiter?

Bis zum Jänner werden im Projektteam nun die Rückmeldungen aus dem erweiterten Projektteam eingearbeitet. Im Jänner soll dann ein Vorschlag vorliegen, der der diözesanen Steuerungsgruppe vorgelegt werden kann. Bis Mai soll alles stehen. Bis dahin trifft sich das erweiterte Projektteam noch drei Mal, wägt ab, korrigiert den Kurs und wirft ein wachsames Auge auf das, was entwickelt werden soll.

"Es liegt ein langer, vielleicht auch manchmal verschlungener oder auch steiniger Weg vor uns. Aber für heute haben wir schon viel geschafft", bedankte sich Projektleiter Michael Willam bei allen, die an diesem Tag in Batschuns mitgedacht und mitgearbeitet haben. Und angestoßen wurde auf dieses erste Etappenziel dann zum Abschluss noch mit einem Gläschen Sekt.

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