Da soll noch einer behaupten, die Katholische Kirche sei nicht flexibel. Statt das Herbstsymposion einfach abzusagen, wurde kurzerhand umdisponiert: So konnte man heuer nicht nur vor Ort im Bildungshaus St. Arbogast, sondern auch von zu Hause aus „live“ dabei sein.

Ein Wort, das die Coronazeit maßgeblich mitgeprägt hat und scheinbar zum Maß aller Dinge wurde, ist die Systemrelevanz. Als „eher ungeeignet“ bezeichnete die Wiener Professorin Regina Polak den Begriff, schließlich spreche er Bereichen, die etwas mit dem Sinn und der Fülle des Lebens sowie der Geistigkeit des Menschen zu tun haben, eigentlich ab, existentielle Bedeutung für das menschliche Leben zu haben. Denn für sie ist klar: „Menschliches Leben hat immer auch mit Sinn, mit Beziehung, mit Dialog und Kommunikation zu tun“. Kirche sei und bleibe deshalb immer systemrelevant, „wenn sie sich einer entsprechenden Analye und Selbstkritik unterzieht.“

Selbstkritik

Corona habe viele Stärken und Schwächen gezeigt, erzählt Polak in ihrer Videobotschaft. Dort, wo bereits eine lebendige, fantasievolle Kirche war, habe es nach einer kurzen Schockstarre Christ/innen gegeben, die sich neugierig und mutig auf das Neue eingelassen haben, spricht sie von einer „lernenden und in manchen Bereichen auch erblühenden Kirche“ mit einer kreativen Art der Seelsorge sowie neuen Formaten in Bildung und Liturgie. Aber auch das Gegenteil sei der Fall gewesen. Die Stimme der Kirche und Seelsorge sei gefragt, betont Polak die Bedeutung guter Seelsorge - vor allem auch mit Blick auf unsichtbare Zielgruppen wie Kinder, Kranke, Ältere und Migrant/innen. Viele Menschen haben große Zukunftsängste, denen die Kirche mit Hoffungsgeschichten begegnen könne.

Was statt warum

Statt mit der Frage nach dem Grund für die Pandemie eine Sündenbockjagd zu eröffnen, solle man  lieber fragen, was zu tun sei, plädiert der Innsbrucker Professor Wolfgang Palaver in der Live-Zuschaltung per Internet für mehr Gelassenheit. Es brauche nationale und internationale Solidarität, oder wie es der Papst nennt „Geschwisterlichkeit“ - gibt Palaver den Teilnehmenden mit dem Hirtenwort der österreichischen Bischöfe, Werken von N.T Wright, Albert Camus und der angekündigten Papst-Enzyklika „Fratelli tutti“ Lesestoff auf den Weg.

Plötzlich geht es

Auch der Religionsunterricht und die Frage nach dessen Relevanz ist Thema der Vorträge - etwa bei Schulamtsleiterin Annamaria Ferchl-Blum, die auf die aktuelle Kampagne hinweist, oder bei Professorin Viera Pirker. Die Schulen seien in einen überfälligen Schritt katapultiert worden, spricht Pirker die Erfahrung mit digitalen Methoden an. Viele (Religions)lehrer hätten Videokonferenzen genutzt, um mit ihren Schüler/innen einen intensiveren Kontakt aufzubauen. „Beziehung ist die zentrale Ebene des Unterrichts und aller Anfang ist Beziehung“, so Pirker.

Nicht nur Getue

Beziehung ist auch für den neuen Propst von St. Gerold P. Martin Werlen ein großes Thema, wenn er betont „Glauben ist Leben, ist Suchen, ist Miteinander“. Man müsse mit „offenen Augen und aufgerichteten Ohren“ durchs Leben gehen, denn das Zentrum unseres Glaubens sei „nicht unser Getue, sondern Gott, der da ist“. Doch was tun, wenn die Menschen der Kirche fern bleiben? „Wenn viele Menschen sich bereits von der Kirche entfernt haben, dann ist das darauf zurückzuführen, dass die Kirche sich zu weit von der Menschheit entfernt hat“, hält es Werlen mit Óscar Romero und betont, dass der Platz der Kirche bei den Menschen sei. Dafür müsse man den Wandel suchen und wagen. Man dürfe Glaube nicht mit Glaubensformen verwechseln, so der Propst, denn: „Das wichtigste Gemeinschaftsleben ist nicht der Sonntagsgottesdienst“.

Ein Video mit allen Impulsvorträgen des Herbstsymposions, wird in Kürze hier zu sehen sein - wir halten Sie auf dem Laufenden