Wo die Verfasser und Verfechter des „Mission Manifest“ das Kirchenheil in intensiver Missionierung suchen, setzen andere eher auf ihr Gesundschrumpfen*. Auf diesem Hintergrund der aktuellen Debatten suchten (und fanden) MitarbeiterInnen der Katholischen Kirche Vorarlberg im Rahmen einer Fortbildung „Innovative Pastoral“.

Ach, Kirche, was machen wir nur mit dir? Immer und immer wieder steht man vor dir, die Hände in die Hüften gestemmt, den Kopf geneigt, mit einem so bedauernd-besorgtem Blick, den sonst nur Todkranke kennen. Sag, steht es wirklich so schlimm um Dich? Oder sind es die, die Deinen Untergang beschwören, denen nicht mehr zu helfen ist?
 
Geht es nach den hauptamtlichen pastoralen MitarbeiterInnen aus Vorarlbergs Pfarren und Krankenhausseelsorge, steht die Antwort fest: Mitte Jänner nutzten sie eine Fortbildung in Freising, um die Fenster zum vermeintlichen Krankenzimmer weit aufzustoßen, Kissen und Decken aufzuschütteln und viel frische Luft in ihre Arbeit zu lassen – Stichwort: Pastorale Innovation.

Den Blick schärfen

Bibel mit neuen Augen sehenDidgeman / pixabay.comDer räumliche Abstand wie auch die Impulse von Referenten wie Dr. Rudolf Häselhoff, Referent für Gemeindeentwicklung im Bistum Augsburg, Dirk Schliephake, Beauftragter der Ev.-luth. Landeskirche Hannover für den Kindergottesdienst, Teresa Schweighofer, Assistentin am Institut für Praktische Theologie der Katholisch-Theologischen Fakultät Tübingen und Florian Sobetzko, Referent für Innovationsprozesse und Personalentwicklung im Bistum Aachen halfen dabei, den Blickwinkel zu wechseln und das Auge zu schärfen für das, was richtig gut ist, das, was als „erledigt“ getrost aussortiert werden und das, was man mit zwei, drei Tricks und Kniffen wieder Leben einhauchen kann.
 
Für Krankenhausseelsorger Jürgen Mathis war besonders der Workshop mit Dirk Schliephake zum freien Bibel-Erzählen hilfreich: „Gedanken und Erzählungen frei wiederzugeben und so für den jeweiligen Zuhörer verständlich zu machen, ist gerade für uns in der Krankenhausseelsorge sehr wichtig. Die neu entstehenden Formulierungen und Bilder schaffen oft Zugänge zu den dahinterliegenden Botschaften, die anders verschlossen blieben.“ Ulrike Amann, Pfarrkoordinatorin in Dornbirn, fand den Workshop so inspirierend, dass sie das Evangelium am drauffolgenden Wochenende in der Wortgottesfeier zuerst im Dialekt formuliert hat: „Gut erzählt, bekommt die Frohe Botschaft eine aktuelle Färbung, nimmt manche Schwellenangst und weckt Betroffenheit und  sinnliche Erinnerungen an die jeweils eigene Geschichte mit Gott und den Menschen“, sagt Amann – und genau das sei passiert: „Die Besucher/innen fühlten sich persönlich angesprochen und angeregt, die Perikope neu zu hören und aus anderer Perspektive zu sehen.“

Wirt oder Retter in der Not?

Solche Perspektivwechsel zu ermöglichen war immer wieder Thema der Fortbildung: So hätte das Bild der Kirche als Berghütte für Mathis eine ähnliche Funktion erfüllt: In Freising diente es dazu auszuloten, wo die Aufgaben und Stärken der einzelnen Stellen bzw. „Dienstleistungen“ liegen: Ist man eher Wirt, der jeden Willkommen heißt, oder Rot-Kreuzler, der von Notfall zu Notfall eilt? Der fachliche und persönliche Austausch hierüber sei getragen gewesen von einem „guten Geist“, findet auch Amann. Inspirationen für Neugründerinnen und Neugründer brachte das spannende Projekt-Tool von Florian Sobetzko aus Tübingen: Welche Fragen muss man im Blick haben, wenn Neues entstehen darf und wie kommt "das Kind" in die Welt. „Die Canvas-Methode hat uns inspiriert mutig und freudig neue Initiativen zu starten“, meint Pastoralamtsleiter Martin Fenkart.
Wer sich selber versuchen möchte: Den zugehörigen Canvas-Block gibt's auf Bestellung hier »

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