Es lag schon so etwas wie ein leichter Hauch von Aufbruchstimmung über der Sitzung des Pastoralrates. Auf der Tagesordnung stand die Diskussion über tragfähige Leitungsmodelle für die Pfarren, was sich schnell zur Grundstzdiskussion ausweitete.

Der Pastoralrat ist jenes Gremium, das den Bischof einer Diözese - der Name lässt es bereits vermuten - in pastoralen Fragen berät. 30 Frauen und Männer aus allen Bereichen der Kirche und allen Regionen des Landes sind in diesem Rat vertreten und trafen sich erst kürzlich im Feldkircher Diözesanhaus, um fortzusetzen, was bei der vorhergegangenen Sitzung in Hohenems begonnen wurde: die Diskussion um die Zukunft und die Bedürfnisse der Kirche vor Ort und der Pfarren.

Dafür rekapitulierten Pastoralamtsleiter Martin Fenkart und Thomas Berger-Holzknecht, der das Team Entwicklung leitet und koordiniert, die Hauptachsen, entlang derer sich die "Wege der Pfarrgemeinden" - das große Pastoralgespräch - verzweigten. Grundsätzlich gilt hier, dass für die Pfarren vor Ort drei Modelle zur Verfügung stehen: das der Einzelpfarre, das des Pfarrverbandes und das des Seelsorgeraums.

Einzelpfarre, Pfarrverband und Seelsorgeraum

Einzelpfarre besagt dabei schon, was es auch ist: Eine Pfarre, mit allem, was dazu gehört. Das Modell des Pfarrverbands schließt direkt daran an. Mehrere benachbarte Pfarren "teilen" sich quasi einen Pfarrer. Oder anders formuliert: Ein Priester ist Pfarrer in mehreren Pfarrgemeinden. Wie weit die Zusammenarbeit unter den Pfarren eines Pfarrverbands reicht, ist dabei variabel und flexibel. Pfarrverbände werden übrigens hauptsächlich im ländlichen Bereich das Bild prägen, während für die urbaneren Gebiete das Modell des Seelsorgeraums vorgesehen ist. Derzeit sind vier Seelsorgeräume umgesetzt (Bregenz, Dornbirn, Hohenems und Bludenz) und ein fünfter (in Lustenau) geplant. Der Unterschied von Seelsorgeraum und Pfarrverband besteht - kurz gefasst - darin, dass im Seelsorgeraum die Gesamtleitung in den Händen eines Moderators liegt, der ein Team aus Priestern (und Laien) koordiniert und moderiert. Die Priester sind dabei  schwerpunktmäßig für einzelne Pfarren zuständig und werden dort vor Ort von Pfarrkoordinator/innen unterstützt. Gleichzeitig tritt aber ganz deutlich neben die Anliegen der Pfarre auch das Bewusstsein dafür, Kirche in einer gemeinsamen Stadt zu sein.

Dort, wo man miteinander arbeiten kann

Nun, die Umsetzung klappt hier besser und hinkt dort mehr. Die Grundsätzlichen Anliegen sind aber klar und unbestritten: Die Priester sollen mehr Zeit für die Seelsorge haben, das sollen schlanke Strukturen möglich machen und überhaupt soll die Kirche vor Ort ein Ort sein, an dem Menschen gerne miteinander arbeiten.

Welches Gremium macht eigentlich was?

Die verschiedenen Räte und Gremien der Pfarren teilen sich in dieser Anordnung ebenfalls verschiedene Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche. Während der Pfarrkirchenrat (PKR) sich um die Finanzen kümmert, ist der Pfarrgemeinderat (PGR) der Ort der strategischen und visionären Entwicklung einer Pfarre. Beim Pastoralteam liegt die Koordinierung der Anliegen und Projekte, während es die Arbeitskreise sind, die an der Basis arbeiten und dafür sorgen, dass Ideen auch gemacht werden. Und zwischen diesen Räten, Gremien und Strukturen kümmern sich die Pfarrbeauftragten für Diakonie, Liturgie und Verkündigung vor allem um all jene, die sich ehrenamtlich in der Pfarre engagieren. Dass es hier je nach Größe einer Pfarre zu fließenden Übergängen kommt, versteht sich und ist in der Praxis kein Einzelfall.

Krise, Zweifel und Chancen

Das alles im Schnelldurchlauf noch einmal wiederholt, tauchten die Mitglieder des Diözesanrates ein in die Diskussion um Verbesserungen, Anpassungen oder auch ganz neue Ideen. Und eigentlich spielten die einzelnen Modelle im Gespräch dann keine Rolle mehr. Da ging es tiefer, da ging es ans Eingemachte. "Eine Lanze für die Krise", wurde da gebrochen. Denn erst, wenn man bereit dafür sei, sich einzugestehen, dass die Kirche in einer Krise stecke, könne man sich auch aus der Krise wieder weiterentwickeln. Krise sei nicht einfach nur Krise, sondern immer auch der Ort, an dem man lernen, wachsen und sich neu aufrichten könne, hieß es da.

Die nächste Lanze, die zu Bruch ging, war die des "Zweifels". Wer nicht an den eingeschlagenen Wegen zweifle, komme auch nie an den Punkt, sie genau zu überdenken und gegebenenfalls genau dadurch zu verbessern. Und auf Krise und Zweifel folgte schließlich die Lanze für die "Chancen", die genau in Diskussionen wie dieser steckten. An vielen Orten entstehen durch neue Menschen neue Bedürfnisse und auch neue Lösungsansätze. Thomas Berger-Holzknecht führte hier zur Verdeutlichung das Beispiel der Familienmessen an. Ursprünglich gab es die ja so nicht, wie man sie heute vielerorts kennt. Nein, es waren ein paar Frauen, die merkten, dass sie mit ihren Kindern in den bestehenden Formen keinen Platz finden konnten. Anstatt dass sie den Gottesdienstbesuch ersatzlos strichen, machten sie sich Gedanken und passten die Form ihren Bedürfnissen an. Heute gibt es in vielen Pfarrgemeinden aktive Familienliturgie-Teams.

"Stamm-" und "Zaungäste" in der Kindermette

Auch das Aufrechnen von Eucharistiefeier gegen eine Wort-Gottes-Feier wurde von den Mitgliedern des Pastoralrates kritisch beurteilt. Es solle nicht das eine als das Mangelformat des anderen verkleinert werden. Das Gespräch über und die Bildung in Glaubensfragen sei ein weiteres Feld, in dem Laien wie Priester Verantwortung übernehmen sollten und schließlich war auch die Qualität der Gottesdienstgestaltung Thema. Auch hier müsse angesetzt werden. Denn was heißt es für eine Pfarre, wenn zur Kindermette an Weihnachten die Kirche zum Bersten voll ist? Natürlich ist es herausfordernd, den Spagat zu schlagen zwischen "Stamm-" und "Zaungästen". Natürlich sind da viele, die es nur einmal im Jahr in die Nähe einer Kirche verschlägt. Aber genau darin besteht auch die Chance. Ist die Kindermette dann nämlich gut, trifft sie die Bedürfnisse der Anwesenden und schafft sie den Brückenschlag zwischen Inhalt und Form, dann hinterlässt Kirche bei vielen einen positiven Eindruck und die Hemmschwellen werden Schritt für Schrittetwas niedriger.

Dran bleiben!

Bischof Benno Elbs und Generalvikar Rudolf Bischof zeigten sich sichtlich angetan und berührt von der Intensität der Diskussion und orteten diese Aufbruchsstimmung auch in vielen Prozessen innerhalb der Katholischen Kirche Vorarlberg. Da heißt es jetzt also: Dran bleiben!

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