Auf jeder Ölheizung, die hier und heute in Vorarlberg im Betrieb ist, sitzt eine äthiopische Bäuerin, die nichts mehr für ihr Überleben tun kann, weil wir nichts tun? Ja, so drastisch und so akut ist die Situation mittlerweile. Und deshalb wurde bei der letzten gemeinsamen Sitzung von Priester- und Pastoralrat nicht nur darüber diskutiert, sondern auch abgestimmt. Für ein Nulldefizit in Sachen CO2-Bilanz.

Kennerinnen und Kenner der diözesanen Strukturen wissen, dass es ein "Netzwerk Welthaus" schon seit einigen Jahren gab. Vertreten waren darin verschiedene Organisationen, Initiativen, Stiftungen, Projekte, … die sich in der Entwicklungszusammenarbeit engagierten. Das machte Sinn. Jetzt ist aus dieser einst losen Partnerschaft ein kirchlicher Verein mit Öffentlichkeitsrecht entstanden, der noch fokussierteres, noch abgestimmteres Handeln möglich macht.

Wer jetzt im Welthaus "wohnt"

Im Welthaus vertreten sind die Caritas Auslandshilfe, Bruder und Schwester in Not, die Dreikönigsaktion, plan:g, die Katholische Frauenbewegung, das Werk der Frohbotschaft und die Internationalen Freiwilligeneinsätze der Caritas. Als interimistischer Geschäftsführer konnte Martin Strele (Kairos - Institut für Wirkungsforschung und Entwicklung in Bregenz) gewonnen werden. Der war, gemeinsam mit Jürgen Mathis, Referent für Schöpfungsverantwortung in der Katholischen Kirche Vorarlberg, zuletzt zu Gast bei der gemeinsamen Sitzung von Pastoral- und Priesterrat.

Welt, wir haben ein Problem

„Unsere Welt hat sich seit den 1960er Jahren in vielen Bereichen exponentiell fortentwickelt: Bevölkerung in den Städten, internationaler Tourismus, Zahl der Mobilfunkanschlüsse, CO2-Ausstoß, Verbrauch von Rohstoffen und Ressourcen, Konsum. Nicht anders ist die Entwicklung beim Verbrauch von Erdöl und Gas. Seit den 1990er Jahren ist die Rede vom Klimawandel. Derzeit sind wir unterwegs in Richtung der ,worst-case‘-Szenarien. Die Zeit läuft uns davon. Wer ist verantwortlich für diesen hohen CO2-Ausstoß? Die 10% der Reichsten der Weltbevölkerung sind verantwortlich für rund 50% des CO2-Ausstoßes, während die 50% der Ärmsten nur 10 % verursachen. Er herrscht also eine große Ungleichheit zwischen denen, die verantwortlich sind für die Klimakatastrophe und denen, die die Folgen spüren“, betonte Strele.

Hat hier jemand 288.000 Bäume?

Das oft gehörte „Ja, was sollen denn wir daran ändern können“, lassen Strele und Mathis dabei nicht gelten. Denn jede und jeder kann etwas bewirken. Daran lassen die beiden Herren vom Welthaus keinen Zweifel. „Ein großer Hebel ist der Bereich Energie und CO2-Ausstoß. Darum wurde im letzten Jahr eine Energiedatenerhebung durchgeführt, um den Stromverbrauch und den Energiebedarf von Heizungsanlagen bei kirchlichen Gebäuden zu erheben“, erklärt Jürgen Mathis. Die Ergebnisse der Erhebung sind übrigens nicht uninteressant.

Von den derzeit rund 500 Heizanlagen, die im Betrieb sind, sind 58 Ölheizungen und 67 Gasheizungen. 3.500 Tonnen CO2 stoßen sie pro Jahr aus. Weitere 100 Tonnen CO2 bringt der zusätzliche Stromverbrauch. „Es bräuchte es 288.000 ausgewachsene Bäume, um diese CO2-Ausstöße zu kompensieren“, sorgt Jürgen Mathis für ein plastisches Bild für die dicke Luft. Von den über 270 kirchlichen Stromanschlüssen werden derzeit nur etwas mehr als 30 mit zertifiziertem Ökostrom gespeist. Alleine die ab Juli 2022 kommende Ökosteuer wird die Kosten für fossile Brennstoffe um 100.000 Euro steigern, ein Betrag, der bis 2025 auf rund 200.000 Euro steigen wird.

Ja, da geht noch mehr

Es ist also auch in Sachen kirchliche CO2-Bilanz noch Luft nach oben. Und da in vielen Pfarren der Bedarf nach Erneuerung der Energiesysteme bereits gegeben ist, ist auch der Zeitpunkt ein guter, um beim Ausstieg aus fossiler Energie auch kirchlicherseits für Aufwind zu sorgen.

„Der Diözesankirchenrat hat nun beschlossen, für dieses Projekt 300.000 Euro freizugeben und zu investieren. Dafür braucht es auch die Beschlüsse im Pastoralrat und Priesterrat. Dann möchte das Welthaus gemeinsam mit dem Bauamt und dem Liegenschaftsmanagement der Katholischen Kirche Vorarlberg konkrete Maßnahmen und ein Förderprogramm ausarbeiten, um die Pfarren und andere kirchliche Organisationen bei der Umsetzung zu begleiten, zu unterstützen und ein Monitoring aufzubauen“, erklärt Martin Strele, was nun kommen wird und worüber die Mitglieder des Priester- und des Pastoralrates abzustimmen haben.

Konkret wurde über drei richtungsweisende Zielsetzungen abgestimmt.

Darüber, dass  

  • es unser gemeinsames Ziel ist, dass die Katholische Kirche Vorarlberg bis zum Jahr 2030 klimaneutral wirtschaftet, also netto-null CO2-Emissionen bei Heizung und Stromverbrauch erreicht.“
  • ab sofort keine Heizungen mit fossilen Energieträgern (Öl und Gas) mehr in unsere Gebäude neu einbauen.“
  • mit fachlicher Unterstützung durch das Bauamt und Begleitung durch das Welthaus, Strategien gesucht werden, um alte Öl- und Gasheizungen durch Heizungen mit erneuerbaren Energieträgern zu ersetzen, funktionierende Gasheizungen bis 2030 auf erneuerbare Energie umzustellen und etwaige weitere Emissionen bis zu diesem Zeitpunkt durch Ausgleichszahlungen zu kompensieren, die möglichst rasch auslaufen sollen.

Die Diskussion über die abzustimmenden Punkte war engagiert, vielschichtig, lebhaft – und kaum so einhellig wie je zuvor. Die Abstimmung über alle drei Ziele fiel einstimmig für „Ja“ aus.

Und was sagt der Bischof?

Der antwortete mit Papst Franziskus auf das Abstimmungsergebnis: Jeder Mensch habe ein Recht auf ein gutes, menschenwürdiges Leben. Und auch die Natur habe ein Recht, „nicht unter die Räuber zu fallen“. Es gehe hier und heute, so Bischof Benno Elbs weiter, nicht nur um das Überleben von uns Menschen. Es brauche Wertschätzung gegenüber der ganzen Schöpfung. Das alles erfordere eine persönliche Umkehr.

Und es ist längst nicht der erste Schritt in diese Richtung, die mit diesen Beschlüssen der beiden Räte gefallen ist. Aber es ist ein weiterer, wichtiger Schritt in die richtige Richtung, der damit gesetzt wurde.

Mehr zum Welthaus unter: www.welthaus-vorarlberg.at