Was Pastoralamtsleiter Martin Fenkart nach 3/4 des zurückgelegten Weges in Sachen Stärkenkompass so durch den Kopf geht und wo er Chancen, aber auch Herausforderungen für die Zukunft sieht.

Auf meiner letzten Zugfahrt quer durch Österreich sind mir die wunderbaren Kirchen und Kapellen an unzählbar vielen, herausragenden Orten aufgefallen. Ich staune immer wieder, wie die Kirche im heimatlichen Landschaftsbild tief verankert ist. Ohne dem Ergebnis des Stärkenkompasses vorgreifen zu wollen, glaube ich, nach all unseren Beratungen erkennen zu können, dass eine wichtige Grunderkenntnis unseres Kompasses sein wird: Kirche in Vorarlberg ist lokal, lokal, lokal!

Vieles geht mir durch den Kopf

Diese Lokalität, Nähe und Erreichbarkeit für die Menschen mit unseren begrenzten Möglichkeiten in Zukunft gastfreundlich zu gestalten, stellt uns vor echte Herausforderungen. Wie können wir diese Nähe entfalten und leben? Wie entwickeln wir unsere Strukturen gut weiter? Wie alles finanzieren? Zweifellos, Nähe bei Gott und den Menschen sind zentral, aber wer will uns überhaupt noch erreichen? Es gibt keine anziehende, lokale Kirche ohne unsere entschlossene Haltung des proaktiven Interesses für die Menschen und unsere Zuwendung zu ihnen über alle „Milieu-Ekelgrenzen“ hinweg. Eine zutiefst enttäuschte Katholikin hat bei mir ihrem Ärger über uns Luft gemacht und gemeint, die Pfarrer und wir Kirchenleute hätten uns in der Pandemie wie die Murmeltiere vergraben. Sie hat es so empfunden, auch wenn ich ihre Sicht der Dinge nicht pauschal teile.

Was Menschen bei uns suchen

Nach all den Beratungen mit 150 Beteiligten stellt sich bei mir doch Zuversicht und Hoffnung ein. Die Ergebnisse des Stärkenkompasses ermöglichen uns künftig in der inhaltlichen Schwerpunktlegung wie in der Kommunikation eine Fokussierung auf das, was wir gut können, was die Menschen von uns erwarten und was auch unser Auftrag aus dem Evangelium heraus ist, wie z. B. Kranke oder Trauernde begleiten, um nur ein Beispiel zu nennen. An einer Stelle haben uns die Markensoziologen gefragt, ob es sein könnte, dass wir zu viel machen und das, was wir machen, zu wenig gemeinsam tun, um Wirksamkeit zu erzeugen. Auch diese Frage darf man einmal mit ins Gebet nehmen.

Wir brauchen uns nicht zu verstecken

Wenn jedes Jahr rund 3500 Menschen aus der Kirche Vorarlbergs austreten, dann tut das einfach weh. Auch der Stärkenkompass wird diesen Trend nicht so schnell aufhalten. Eine Mammutaufgabe, die wir vor uns haben, ist es, in die Breite zu vermitteln, dass die Kirche Vorarlbergs eine unglaubliche Leistungsbilanz vorzuweisen hat und überraschend anders ist. Frei nach dem Motto „Aha, das ist auch Kirche? Das habe ich ja gar nicht gewusst.“ Dieses Narrativ jetzt auf den Punkt zu bringen, ist die Aufgabe der kommenden Wochen. Manche Workshop-Gespräche waren erdrückend und unangenehm. Weil viele von uns spüren, dass Frust und Ratlosigkeit sich immer wieder breit machen angesichts der Zeichen der Zeit und den Fragen der Weltkirche. Besonders hoffnungsvoll bleibt mir aber der Abend mit den Pfarrleuten von Gaschurn, St. Gallenkrich und Umgebung in Erinnerung. Ich habe mich wirklich von Herzen mit ihnen freuen können, als sie voller Stolz und Dankbarkeit auf das Leistungsprofil ihrer Pfarre blickten. All das, was sie tun, passiert auf dem Hintergrund der Botschaft Jesu. Auf diese soll der Kompass gerichtet sein.