Friedl Kaufmann, Pfarrer in Egg und Großdorf, über die Hauskirche und die neue (Kirchen)normalität, die keine ist.

Denkunmöglich

Anfang Februar war ich mit dem Egger Kirchenchor in Rom. Bei unserer Ankunft wurde Fieber gemessen. Wir haben das mit Humor genommen und darüber gelacht. Dass kurze Zeit später der Corona-Virus solche Auswirkungen hat, war für mich denkunmöglich. Mitte März wurden die Kirchen geschlossen. Vieles von dem, was Pfarre ausmacht, konnte nicht mehr sein, weil dafür Begegnung wesentlich ist.

Und jetzt?

Was tun? Diese Fragen haben sich viele gestellt. Es sind positive Initiativen entstanden. Telefonate oder kurze Gespräche bei einem Spaziergang haben eine andere Qualität bekommen. Da konnte Seelsorge auf eine Art passieren, für die sonst im vollen Terminkalender kaum Zeit war. Die Landjugend-Jungbauernschaft Bregenzerwald startete eine Palmbuschen-Aktion und verteilte sie – nachdem sie im kleinen Rahmen gesegnet wurden – im ganzen Bregenzerwald. Es war für viele Familien wichtig, ein religiöses Symbol zu Hause zu haben. Auch die Idee, Weihwasser in Flaschen und Osterkerzen für Zuhause zur Verfügung zu stellen, wurde gerne angenommen. Vieles ist in den Häusern und Familien passiert. Hauskirche wurde gefeiert. Das Thema „Hauskirche“ werden wir in das nächste Arbeitsjahr mitnehmen.

Es ist noch nicht normal

Langsam öffnen die Kirchen wieder. Ich bin der Meinung, dass es nicht gut ist, so zu tun, als ob alles wieder normal wäre. Neue Ideen und Gottesdienstformen wurden gesucht und gefunden. Wir haben Ende Mai in Egg und Großdorf entschieden, währende der Woche und am Vorabend Messe zu feiern. Am Sonntagvormittag wurde bei verschiedenen Kapellen ein Sonntagsgebet als Wort-Gottes-Feier gestaltet. Nach den ersten Erfahrungen wurde das besser angenommen als die Vorabendmesse, obwohl anonyme Meldungen in Internetforen negative Stimmung verbreitet haben.

Was nehmen wir mit?

Aufgrund unplanbarer Veränderungen ist Kirche und Glaube auf eine andere Art lebendig geworden und geblieben – und das Wertvolle daraus gilt es zu bewahren. Gerade die Sommerkirche wird eine Chance sein, dass dieses Wertvolle sich kreativ und ideenreich weiterentwickeln kann und Wurzeln schlägt. So wird ein wesentlicher Teil von Kirche sichtbar, der über das Traditionelle und über die Kirchenmauern hinausgeht.