In seiner Weihnachtsansprache, 24. Dezember, 18 Uhr, Radio Vorarlberg, betonte Diözesanadministrator Dr. Benno Elbs vor allem die beziehungsstiftende Bedeutung von Weihnachten.

Liebe Vorarlbergerinnen und Vorarlberger!

Vor ein paar Tagen fragt mich eine Journalistin: „Wie können Sie heute eigentlich Weihnachten feiern?“ Eine Frage, die mich selber sehr nachdenklich gemacht hat. Wie können wir heute eigentlich Weihnachten feiern angesichts des großen Leides in der Welt? Wie können wir Weihnachten feiern angesichts der Flüchtlinge und Asylanten, die oft ohne Hoffnung in unser Land kommen, auf der Suche nach einer Zukunft, nach einer Perspektive? Wie können wir Weihnachten feiern angesichts des Leides vieler Familien, die in den letzten Wochen und Monaten einen lieben Menschen verloren haben?

Weihnachten hat mit dem tagtäglichenLeben zu tun

Wie können wir Weihnachten feiern angesichts der Menschen, die mit einer Sucht leben müssen? Wie können wir Weihnachten feiern angesichts der vielen Obdachlosen, die nicht wissen wo sie morgen schlafen werden und wo sie etwas zu essen finden. Wie können wir Weihnachten feiern angesichts der Kriege in dieser Welt, in Äthiopien, in Syrien? Wie können wir Weihnachten feiern angesichts über hundert Millionen verfolgter Christen und Christinnen auf der ganzen Welt, angefangen von Ägypten bis hin nach China.

Wenn wir uns diese Fragen stellen, dann heißt die Antwort heute Abend, glaube ich: „Wir können nicht Weihnachten feiern, wir müssen Weihnachten feiern.“ Warum? Ich glaube, dass Weihnachten kein Fest  für Theoretiker ist, es ist kein Fest, das sich in erster Linie in Supermärkten und auf Weihnachtsmärkten abspielt. Weihnachten ist ein Fest, das entscheidend mit der Realität unseres täglichen Lebens zu tun hat.

Drei Gedanken führen mich zu der Überzeugung, dass wir Weihnachten heute feiern dürfen, ja, dass wir Weihnachten heute geradezu neu und intensiv feiern müssen.

1. Weihnachten, der Weihnachtsabend, ist ein Abend der Begegnung und des Schenkens

Viele Menschen spüren gerade in dieser weihnachtlichen Zeit ihre Einsamkeit besonders stark. Wenn andere zusammenkommen, wenn andere miteinander feiern, besonders auch am Heiligen Abend, schmerzt das Alleinsein besonders. Wir merken, dass Weihnachten ein Fest des Miteinanders ist, ein Fest der Beziehung zum Menschen. Wenn wir der modernen Gehirnforschung glauben schenken, dann gibt es vor allem zwei Dinge, die für den Menschen ganz wichtig sind:

  • Dass ich irgendwo dazugehören darf.
  • Dass ich zeigen darf, was ich kann, dass meine Talente, meine Fähigkeiten respektiert werden.

Die Erzählung der Geburt Jesu in Bethlehem ist voll von derartigen ermutigenden und friedenstiftenden Begegnungen. Die Hirten damals, die Ärmsten der Zeit, haben einander Platz gemacht am wärmenden Feuer. Sie haben die Hoffnung miteinander geteilt, weil sie die leuchtenden Augen des Kindes in der Krippe gesehen haben und von ihm beschenkt wurden.

Weihnachten ist ein Fest der Achtsamkeit für den Anderen. Ein Fest des Dazugehörens.

2. Ist der Heilige Abend ein Abend der Solidarität

Weihnachten lädt uns ein, durch den Blick auf die Krippe auch jene Menschen zu sehen, die der Hilfe und der Liebe bedürfen. Wir dürfen heute an der Krippe wie damals die Hirten, wie damals Maria und Josef, die Liebe Gottes atmen. Und Weihnachten ist dort, wo wir als Menschen diese Liebe weitergeben. Der wunderschöne Brauch des Friedenslichtes aus Bethlehem bringt diesen tiefen Sinn des Heiligen Abends zum Ausdruck. Ich werde mit dem Licht aus der Krippe beschenkt. Das Licht würde sinnlos und wirkungslos bleiben, wenn ich es nicht einem Anderen weitergebe.

Die Tränen in den Augen von Menschen, denen wir helfen können, sind Tränen, die das Eis und den Frost der Einsamkeit, der Armut und Verlassenheit schmelzen lassen. Es sind Tränen, in denen die Liebe Gottes in dieser Welt sicher und unzweifelhaft bezeugt wird. Mitten in der Nacht beginnt etwas Neues, beginnt die Hoffnung zu leuchten.

3. ist der Heilige Abend ein Abend der Begegnung mit Gott

Sie werden in diesen Tagen viele SMS, viele Briefe an Menschen, die Ihnen wertvoll sind, versendet haben. Gott hat uns seinen Brief in die Krippe gelegt: Jesus Christus. In ihm wird die ganze Zuneigung zu uns Menschen sichtbar. Durch die Krippe leuchtet uns heute Abend das Ewige in unsere Stuben und vor allem in unsere Herzen. Achten wir darauf, dass auch unser Herz an diesem Heiligen Abend zu einer Krippe wird.

Was kann uns mehr helfen in all den Fragen, Herausforderungen und Problemen, die uns das Leben zumutet, in der Angst, die uns vielleicht begleitet, in der Sorge um die Familie, den Arbeitsplatz, den Beruf, was kann uns mehr helfen, als die Zusage Gottes: „Ich bin mit Dir. Ich bin dort, wo Du bist.“

Liebe Vorarlbergerinnen und Vorarlberger! Vielleicht müssen wir heute mehr denn je Weihnachten feiern

  • weil der Heilige Abend ein Abend der Begegnung, ein Abend des Miteinanders, ein Abend der Zugehörigkeit ist,
  • weil der Heilige Abend ein Abend der Solidarität ist, des aufmerksamen Blickes auf die Menschen, die weniger zum Leben haben als wir, und deren Leben bestimmt ist von echter Not und Sorge,
  • weil der Heilige Abend ein Abend der Gottesbegegnung ist, weil das Licht aus dem Ewigen die Lichtverhältnisse meiner Seele verändert und sich so Frieden und Freude breit machen können in meiner Seele, in meinem Herzen und in meinem Denken.

Gott segne diesen Heiligen Abend mit Freude und Frieden.

Dr. Benno Elbs
Diözesanadministrator