Ansprache von Generalvikar Dr. Benno Elbs anlässlich des Trauergottesdienstes für Diakon Mag. Thomas Smodics am 1. Juli 2009 in der Pfarrkirche Bregenz-Mariahilf

Wenn wir auf das Leben von Thomas Smodics zurückschauen, gibt es viel zu danken. Gemeinsame Erfahrungen, Gespräche, unbeschwerte Ausflüge, Reisen, Spaziergänge, Sportveranstaltungen, religiöse Gespräche und Feiern kommen uns in den Sinn, Religions- und Geographiestunden,  die Zeit als Direktor in den Schulen Marienberg. Ein so ausgefülltes, frohes und abwechslungsreiches Leben macht uns dankbar. Mit einem lieben Menschen tragen wir immer auch ein Stück eigenes Leben zu Grabe. „Jeder, der geht, belehrt uns ein wenig über uns selber. Kostbar ist der Unterricht an Sterbebetten.“, schreibt die Dichterin Hilde Domin. Ja, es ist ein kostbarer Unterricht, den wir an Sterbebetten erhalten. Ich glaube, wir werden dem Leben von Thomas nur gerecht, wenn wir - miteinander ! - hinhören auf die Botschaften seines Lebens. Das gilt besonders für einen, der sein Leben, sein Leiden in der Dimension des Glaubens gelebt hat.

Höre nicht auf, Gott zu suchen, könnte eine Botschaft lauten. Den Frieden finden in Gott ist das größte Geschenk des Lebens. Äußerlich betrachtet hat die moderne Welt, so scheint es, wenig Gottesbedarf. Manche haben wohl aufgehört, Gott zu suchen und kommen schwer zurecht mit der Frage: Wer ist dieser Gott? Warum lässt er dieses Leid in der Welt zu? Warum mutet er einer Familie diesen schweren Weg zu?

Wer seine Wege mit Gott geht, so wie Thomas Smodics, wird Erfahrungen machen. Jene der Verlassenheit und Einsamkeit, die Jesus selbst am Kreuz gekannt hat, als er schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Und jene einer tiefen Geborgenheit und Freude im Vertrauen, dass Alles gut ist, wie es im Psalm 23 heißt, den Thomas in seinen schwersten Augenblicken gebetet hat: „Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil, denn Du bist bei mir. Dein Stock und Dein Stab geben mir Zuversicht.“ Und die Erfahrung geschenkter Hoffnung und Versöhnung, diese Augenblicke, die uns weitertragen, uns die nächsten Schritte tun lassen.
Es war beeindruckend, wie er in den letzten Monaten, im letzten Jahr seines Lebens, tiefen Frieden mit Gott gefunden hat. Den letzten Satz des 23. Psalmes hat er für sich persönlich genommen: „Im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit“, lautet der Psalmtext. Thomas betete so: „Im Haus des Herrn darf ich wohnen für IMMER“.

Auch im Zerbrechlichen leuchtet das Schöne,  könnte eine weitere Botschaft sein. In unserer Welt zählen Gewinnmaximierung, wirtschaftlicher Profit, Erfolg. Krankheit, Behinderung, Schwäche werden in die Ecke gestellt.
Thomas Smodics hat das Leben in vollen Zügen genossen. Aber es war auch geprägt von großer Aufmerksamkeit für das Schwache, das Zerbrechliche. Viele Schülerherzen, die an Schwierigkeiten zerbrochen sind, haben im Laufe der 20 Lehrerjahre in ihm einen Tröster gefunden. In all diesen Zuwendungen hat er wohl nicht daran gedacht, dass er selber diesen Weg radikaler Zerbrechlichkeit gehen muss, dessen Bedeutung Elisabeth Marx so beschreibt: „Ist es nicht das Brüchige / das mich Menschen lieben heißt / dieses Aufleuchten / das auch im Scherbenhaufen / noch sichtbar wird...
In den schweren Lebensstunden sieht man, was echt ist. In den letzten Monaten und Wochen ist der Körper von Thomas zerbrochen, ein Scherbenhaufen, von Schmerzen gequält, doch in diesem Brüchigen ist die ganze Persönlichkeit aufgeleuchtet. Die Sorge des Vaters um seine Familie, der trockene Humor, das Mutmachen für die anderen, auch die Angst vor dem Sterben. In dieser Zeit des Sterbens, konnten seine Liebsten und Nächsten das Kostbarste dieses Menschen erleben - im Brüchigen, im Zerbrechlichen leuchtet das Schöne.

Keine Situation des Lebens ist ohne Hoffnung, ist eine dritte Botschaft. - Der Text des heutigen Evangeliums war Thomas wichtig. Jesus sagt: „Ich bin hingegangen, um Euch eine Wohnung zu bereiten.“ Unser Leben als Christen ist getragen von dieser großen Hoffnung, dass es ein endgültiges Zuhause gibt, dass wir irgendwo ankommen.
Am Kopf des Krankenbettes von Thomas hing ein Kreuz. Er hat gesagt, dass Jesus angenagelt ist am Kreuz, wie er jetzt angenagelt ist an seinem Krankenbett. Die Versuche aufzustehen und wegzugehen mussten erfolglos bleiben, wegen der vielen Schläuche für die Infusionen und den Sauerstoff und - die Kraft hatte ihn verlassen. Der Blick aber auf das Kreuz hat ihm Hoffnung gegeben, dass er in die gleiche Wirklichkeit und Dimension hineingeht wie Jesus selbst als der Gekreuzigte und vor allem als der Auferstandene: „Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, ich bin das Leben.“ Vielleicht aber könnten wir sagen: Ich bin Dein Weg, ich bin Deine Wahrheit und ich bin Dein Leben. 

Ich möchte diesen Gedanken mit einem literarischen Gedanken aus Rainer Maria Rilkes  Gedicht „Herbst“ beschließen: „Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. / Und sieh dir andre an: es ist in allen. / Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen / unendlich sanft in seinen Händen hält.
Das glauben wir in einer Stunde der Trauer, des Abschieds und Schmerzes und in einer Stunde der Ermutigung und Hoffnung.

In dieser Stunde der Dankbarkeit.

Generalvikar Dr. Benno Elbs

Den gesamten Wortlaut der Ansprache finden Sie hier.