Auf den ersten Blick ist der Schlüsselbund, den Sie heute sicher schon in der Hand hatten, kein sehr weihnachtliches Symbol. Und doch drückt er etwas aus von der tiefsten Sehnsucht unseres Herzens. Das Zuhause.

Wir wollen alle beheimatet sein, irgendwo dazugehören. An einem gedeckten Tisch willkommen und erwartet sein. Einfach nach Hause kommen. Geliebt werden und uns angenommen wissen.

Diese große Sehnsucht bringen auch Vorarlberger Jugendliche in einer jüngst veröffentlichten Studie zum Ausdruck. Ihre größte Angst ist, wenn die Familie zerbricht, wenn sie die Freunde verlieren, wenn Heimat verloren geht.

Das Ausgegrenzt-Sein, das Nicht-dazugehören-dürfen ist der größte seelische Schmerz, den ein Mensch erdulden kann. Er ist größer als jeder körperliche Schmerz.

Genau so geht es den Menschen, die an Morbus Alzheimer erkrankt sind. Sie haben immer das Gefühl, nicht zuhause zu sein. Sogar im eigenen Bett. Eine tief schmerzende Heimatlosigkeit. Wir erinnern uns noch gut an Arno Geigers Buch „Der alte König in seinem Exil“, in dem er und wir mit ihm seinen an Alzheimer erkrankten Vater ein Stück weit begleiten konnten.  

 

Sie hatten keinen Platz in der Herberge

Heute wird in allen Kirchen dieser Welt die Weihnachtsgeschichte gelesen und dort steht: Sie hatten keinen Platz in der Herberge. Das Leben Jesu beginnt heimatlos.
Der Ort, an dem Jesus geboren wurde, war nicht frisch geputzt, nicht vorzeigbar oder gar romantisch.

Maria und Josef waren unterwegs, Maria hochschwanger und beide ohne Bleibe. Wie viele Ängste wird es da wohl gegeben haben?
Dieser Ort der Geburt Jesu ist nicht perfekt und berührt gleichzeitig die tiefste Sehnsucht jedes Menschen.

Und das finde ich so bewegend an Weihnachten.

Gott kommt nicht in eine Wirklichkeit, die aufpoliert und gekünstelt ist. Er kommt in meine Welt, mit ihren Ecken und Kanten, mit meinen Fragen und Zweifeln, mit meiner großen Sehnsucht.

Der, dessen Leben in einer Krippe begonnen hat, wird später in seinem Leben für andere zur Heimat: für die, in deren Leben etwas schief gegangen ist, für die Aussätzigen und Unerwünschten jeder Zeit, für jene, die keine Perspektive im Leben sehen können, für Menschen, die in Angst und Sorge sind. Damals und heute.

 

Ein neues Miteinander

Weihnachten kann so für uns zu einem großen Impuls für ein neues Miteinander werden, zu einem Impuls für Frieden und Heimat.

Ich möchte uns wünschen, dass unser Herz zu einer Krippe wird, die Gott willkommen heißt. Und damit auch den Menschen.
Wie Angelus Silesius es berührend schreibt: „Wird Christus tausendmal in Bethlehem geboren und nicht in Dir, Du bleibst doch ewiglich verloren. Gott schließt sich unerhört in Kindes Kleinheit ein. Ach möcht ich doch ein Kind in diesem Kinde sein. Ach, könnte nur Dein Herz zu einer Krippe werden, Gott würde noch einmal ein Kind auf dieser Erden werden.“

Dann wird unser Herz weihnachtlich, zu einem Ort der Heimat für uns und für andere.


Dr. Benno Elbs
Diözesanadministrator