Im US-amerikanischen Spielfilm „Der junge Messias“ wird die Geschichte vom siebenjährigen Jesus und seiner Familie erzählt, die aus ihrem Exil in Ägypten nach Nazareth zurückkehren. Das Kind entdeckt seine Fähigkeit, Wunder zu wirken, gerät darüber einerseits ins Grübeln und Fragen und zieht damit andererseits die skeptische Aufmerksamkeit von Herodes Antipas auf sich, der einen römischen Soldaten anheuert, um den wundertätigen Knaben zu töten.

Klaus Feurstein

Würde sich die Geschichte als eine Fantasie über ein Kind verstehen, das an sich übermenschliche Fähigkeiten entdeckt und damit nicht klarkommt, könnte sie zumindest für ein Publikum mit hoher Kitschtoleranz als unterhaltend durchgehen. Und tatsächlich beruht der Film ja auch auf einem Roman der Bestseller-Autorin Anne Rice, die früher Vampir- und Erotikgeschichten geschrieben hat und mehrmals in die katholische Kirche ein- und dann wieder ausgetreten ist. Sollte es sich aber um eine glaubhafte Jesusgeschichte handeln, muss festgehalten werden, dass über die Kindheit Jesu in den Evangelien des Neuen Testaments nur Matthäus und Lukas einige wenige Episoden erzählt haben. Zum Lebensabschnitt des Films findet sich in der Bibel nichts.

Quellen?
Es gibt aber einige Hinweise (Erwecken eines Vogels und eines Spielkameraden zum Leben, das Weben des Tempelvorhangs durch die junge Maria), dass Rice in den Apokryphen-Texten, die nicht in die Heilige Schrift aufgenommen wurden - speziell im Protoevangelium des Jakobus und im Kindheitsevangelium des Thomas, das vor Wundern des Jesuskindes nur so strotzt, fündig geworden ist. Diese Quelle wird von den Produzenten aber konsequent geleugnet. Sie wollten angeblich einen Film machen, der den Glauben an Jesus Christus stärkt. Wohlwissend, dass sie sich mit ihrer Geschichte nicht auf die Bibel beziehen können, behaupten sie, diese im Geist des Evangeliums erzählt zu haben.
Kurios wirkt dabei, dass der Film großen Wert auf Genauigkeit in der Beschreibung des historischen Umfelds legt, dann aber einem jüdischen Kind offensichtlich glaubhaft erzählt wird, Gott habe ihn im buchstäblichen Sinn des Wortes gezeugt - eine Vorstellung, die für einen Juden (wie für viele aufgeklärte Christen) völlig unmöglich ist.

Biblisch gesehen ist schon der Ansatz des Films falsch. Der neutestamentliche Jesus ist keine Figur, die von Kind an Zauberkunststücke beherrscht und davon auf ihre Identität und ihre Aufgabe schließt (deshalb verzichten Matthäus und Lukas vollständig auf das wundertätige Jesuskind), sondern ein Mensch, der von der Liebe zu Gott so durchdrungen ist, dass er diese an die Menschen weitergeben will. In diesem Kontext sowie in jenem seiner Verkündigung der anbrechenden Gottesherrschaft haben die Heilungswunder ihre Logik.
Als dem fragenden Kind im Film seine göttliche Herkunft Schritt für Schritt klarer wird, gelangt es zu einer verblüffenden Erkenntnis: Es sei auf der Welt, „einfach um zu leben“. Um den Charakter des biblischen Jesus wirklich zu treffen, hätte man da wohl einen Buchstaben einfügen müssen: einfach um zu lieben.

Überzeugt und mit Vorliebe auch bekehrt werden Menschen in dieser Art Film - so auch im kürzlich im Kino gezeigten „Auferstanden“, der aber in Österreich nicht anlief - immer durch die überwältigende Faktizität der Wunder. „Selig, die nicht sehen, und doch glauben“, sagte Jesus zum ungläubigen Thomas. Ansehen kann man sich diese Wunder-Filme ja, glauben muss man ihretwegen aber nicht.

Der Film

„Der junge Messias“ läuft derzeit im Cineplexx Kino Hohenems (www.cineplexx.at)
sowie  im Cinema Dornbirn (www.cinema-dornbirn.at).