Donnerstag, 12. August 2010, 21.30 Uhr - Open Air am Marktplatz Rankweil (Bei Schlechtwetter im Alten Kino)

Lourdes: Kommerzialisierte Religiosität, Marienstatuen als Wasserflaschen im Sonderangebot. Irgendwann geschieht ein Wunder. Vielleicht...

Im Zentrum von "Lourdes" steht eine junge Frau, die sowohl dem touristischen Wallfahrtsort als auch dem Wunderglauben eher skeptisch gegenübersteht. Während ihres Aufenthalts aber wird gerade sie überraschend geheilt. Offen bleibt, ob es wirklich ein Wunder und das vermeintliche Glück von Dauer ist.

In der "Presse" vergleicht M. Keuschnigg den Film der österreichischen Filmemacherin Jessica Hausner (Hotel) mit jenen des großen formalistischen Regisseurs Robert Bresson, der als Meister des spirituellen Films gilt. Während man aber am Schluss seines Films "Au hasard Balthazar" um einen Esel weine, wisse man nicht, wie man zu einem Film wie "Lourdes" stehen soll, "der sich nicht lieben und nicht hassen lässt, der an Reaktionen und Gefühlen nichts zulässt außer Gleichgültigkeit und Ambivalenz […] Bei den Filmfestspielen Venedig erhielt er denn auch sowohl den Preis der Vereinigung der Atheisten und Agnostiker (damit meint er wahrscheinlich den renommierten FIPRESCI-Preis der internationalen Filmkritik; Anmerkung K. Feurstein) - und einen von der ökumenischen Jury." Wenn sich beide aber in der Begeisterung für diesen Film treffen, wird es nicht wegen der religiösen Aussage sein (Hausner bezeichnet sich als nicht gläubig), sondern wegen der filmischen Qualitäten, wie dies Lukas Foerster auf critic.de sieht: "Wenn ‚Lourdes', ein extrem eleganter, atmosphärisch wie thematisch dichter Film einen am Ende unsicher zurücklässt, dann deswegen: Hausner definiert zunächst und schon in der ersten Szene ein Spielfeld sowie Spielfiguren und schiebt letztere dann mit viel technischer Finesse auf ersterem hin und her. Dabei entstehen immer wieder sehr interessante Konstellationen, aber das System bleibt ein geschlossenes, abgedichtet gegen sein Außen: die Welt. Andererseits ist genau das vielleicht auch Thema des Films."
Die meisten Kritiken gehen in dieselbe Richtung: "Lourdes" ist ein Film für Cineasten, nicht für Gläubige.

Skeptischer, aber respektvoller Blick

Charles Martig, Filmbeauftragter des Katholischen Mediendienstes in der Schweiz, schreibt über den Film:
"Mit einem skeptischen, aber respektvollen Blick verfolgt Regisseurin Jessica Hausner die Rituale des Wallfahrtsortes. Sie hat als Darstellerin der jungen Frau eine herausragende Sylvie Testud gewählt, die fragil und widersprüchlich wirkt. Mit grosser Sensibilität nähert sich der Film dem anspruchsvollen Thema: Die Wunder von Lourdes werden nicht direkt in Frage gestellt. Vielmehr ist es die fragwürdige Beziehung von Menschen zur Volksreligiosität, die hier zum Vorschein kommt. ‚Lourdes' ist eine scharfsinnige Studie über den Mikrokosmos einer Pilgergruppe und eine großartige Inszenierung mit eigenständiger Handschrift. Es gibt sie wirklich: Die Kamera als religiöses Schreibinstrument. Der Film ist Gebet und Glaubenszweifel zugleich."

 
Klaus Feurstein