„Camino“ heißt der Weg nach Santiago de Compostela. Es ist der Pilgerweg, der in den letzten Jahrzehnten zu größter Berühmtheit gelangte. Und über keinen wurden so viele Filme gedreht. Jetzt kommt eine neue Dokumentation in die Kinos.

Klaus Feurstein

Die Regisseure Noel Smyth und Fergus Grady stammen wie die Pilgergruppe, die sie mit der Kamera begleiten, aus Neuseeland und Australien. Ein Hinweis darauf, dass die europäische Pilgerfahrt auch am anderen Ende der Welt bekannt geworden ist.
Den Zuschauenden erschließen sich die Geschichten der zwei Männer und vier Frauen durch ein dramaturgisch geschickt konstruiertes erzählerisches Mosaik erst im Laufe des Films.

Die Schicksale

Zwischen fünfzig und achtzig Jahre alt sind die sechs Pilger/innen, die gemeinsam die lange Reise von Frankreich ins 800 Kilometer entfernte Santiago de Compostela antreten: Sue leidet an degenerativer Arthritis. Dem Rest der Gruppe dient die Älteste in dieser Zufallsgemeinschaft als großes Vorbild. Sie kämpft unentwegt gegen ihre körperlichen Gebrechen, auch wenn sie immer wieder an ihre physischen und psychischen Grenzen gelangt. Terry und seinen Schwiegersohn Mark soll der Weg bei ihrem Trauerprozess um den Tod der Enkelin bzw. der Tochter unterstützen. Cheryl ist in Gedanken bei der Liebe ihres Lebens und bei ihrem Vater, die beide gestorben sind. Und auch Julie hat ihren Mann und kurz darauf ihren Sohn verloren - eine zu Herzen gehende Verlustgeschichte.
Einzig Claudes Motivation bleibt bis zuletzt unklar. Mit ihrer dominanten Art, sich ungefragt einzubringen, bleibt sie eine eher ambivalente Figur.

Nicht nur Trauer und Schmerz

Durch malerische Städtchen und idyllische Dörfer führt der Weg die Pilger. Doch für die beiden Filmemacher geht es nur am Rande um die Schönheit der Landschaft und auch die Geschichte des Jakobsweges und der religiöse Hintergrund bilden nicht das Zentrum des Films. Im Vordergrund stehen die Protagonist/innen, ihre persönlichen Geschichten und wie sie auf der gemeinsamen Wanderung zusammenwachsen, wie sie Halt und Trost finden, lernen mit ihren Gefühlen umzugehen, sich gegenseitig unterstützen und an ihren Aufgaben wachsen. Die Offenheit der sechs, wie sie von sich und ihren Schicksalen erzählen, macht die Dokumentation zu einem bewegenden Erlebnis.

„Camino Skies“ von Noel Smyth und Fergus Grady, Neuseeland/Australien 2019, 80 Minuten
Der Film wird vom 17.8. bis 29.8. im Cinema Dornbirn gezeigt »

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