Der Film „Maria Magdalena“ von Garth Davis zeichnet ein Bild der Apostelin, das traditionelle Deutungen hinter sich lässt und der biblischen Gestalt sehr nahe kommt.

Klaus Feurstein

Maria Magdalena in der Tradition

„Sprich nie wieder in unserem Namen!“, sagt ein Jünger Jesu zu Maria Magdalena im gleichnamigen Film von Garth Davis. Diese Forderung wurde in der Kirchengeschichte fortgeschrieben. Männer haben die Botschaft Jesu weitergegeben, interpretiert und verwaltet. Maria Magdalena, die Jüngerin, wurde in Verbindung mit der Perikope Joh 8, 1-11 zur Ehebrecherin und mit Lk 7, 36-50 zur Hure. Diese Bilder dominierten lange die Ikonographie des Magdalena-Motivs. Dem fügten esoterische Kreise, zuletzt besonders Dan Brown, noch die Behauptung hinzu, sie sei die Ehefrau Jesu gewesen, hätte mit ihm gemeinsame Kinder gehabt und eine Adelsdynastie der mächtigsten Herrscherhäuser in der europäischen Geschichte gegründet.

Maria Magdalena in der Bibel

Den Evangelien zufolge war Maria Magdalena eine der Frauen, die nicht nur während der Kreuzigung dabei waren, sondern auch an seinem Grab um ihn trauerten. Sie war nach christlicher Lehre zudem diejenige, die als erste dem Auferstandenen begegnete und den Auftrag erhielt, diese Botschaft den  anderen Jüngern weiterzusagen.  Von der Liturgiekongregation wurde Maria Magdalena 2016 den Aposteln gleichstellt. Der bisherige „gebotene Gedenktag“ am 22. Juli wurde in der katholischen Kirche in ein „Fest“ umgewandelt.

Maria Magdalena im Film

Der Film von Garth Davis hält sich an die Evangelien. Lediglich drei stimmige Szenen werden hinzugefügt: ihre Familie nimmt eine Dämonenaustreibung an ihr vor, weil sie sich der Eheschließung widersetzt, sie hilft einer jungen Frau bei deren schwerer Geburt und kümmert sich um die Gewaltopfer eines von Römern niedergebrannten Dorfes.

Die Verfilmung zeigt also die biblische Figur von allen spekulativen Zusätzen, Um- und Fehldeutungen der Tradition gereinigt. Auch sonst bleibt sie puristisch im Sinne einer biblischen Schlichtheit: kaum Farben, nur Braun-, Grau- und Beigetöne. Lediglich in der Kreuzigungs- und (diese in Form einer Vision vorwegnehmend) in einer beeindruckenden Tempelszene mit Tieropfern ist blutrot zu sehen. Keine spektakulären Wunderinszenierungen, keine Überwältigung durch Pathos.

Die Kamera ist immer mitten drin in der Menge, geht mit den Menschen mit und ganz nahe an sie heran. Jesus und Maria Magdalena bilden immer wieder das Zentrum des Geschehens. „Werde meine Hand!“ oder „Du bist meine Zeugin!“, sagt Jesus zu ihr. Keiner versteht ihn so wie sie: Maria als die Erste unter den Jüngern und die Mutigste. Sie weiß als einzige, dass das Reich Gottes (im Film immer „Königreich“) nur im Inneren des Menschen entstehen kann, eine Erkenntnis, die sie nach der Auferstehung gegen die „Männerkirche“, die die Gruppe der Apostel verkörpert, vehement verteidigt: So radikal wurde das Evangelium im Kino bisher noch nicht aus weiblicher Perspektive erzählt.

Macht der Film also in seiner Art, die biblischen Ereignisse darzustellen, vieles richtig und weckt die Aufmerksamkeit des Publikums, so bleibt er auf der Dialog-Ebene doch oft blutleer und abstrakt. Ihm fehlen die sprachliche Buntheit und die konkrete Anschaulichkeit der jesuanischen Gleichnis-Geschichten, die nur zweimal mit dem Satz vom Senfkorn als Bild für das Reich Gottes aufblitzen.

Filmkritik

In der Kritik findet man die ganze Palette an Urteilen von „der langweiligste Film“ bis zu hymnischen Lobgesängen z.B. in der Neuen Zürcher Zeitung, wo „Maria Magdalena“ als adäquate Übersetzung und gegenwartsbezogene Auslegung beschrieben wird und als grandiose Séance des Kinos. Aus Film werde Geist „und aus dem Kino ein Ort der Heilung und Erweckung – ein Film, der Ostern kaum besser einleiten könnte.“

Weitere Kritiken
- epd-film
- Filmdienst
- NZZ
- SpiegelOnline
- feinschwarz.net

Im Kino in Vorarlberg

„Maria Magdalena“ - Bibelfilm - GB 2018 - Regie: Garth Davis - 120 Min.