Ein albanischer Film erzählt in poetischen Bildern vom Zusammenleben der Religionen.

Klaus Feurstein

Besnik, ein Ziegenhirte im Bergland Albaniens entdeckt in der kleinen, weißgetünchten Dorfmoschee einen dunklen Fleck. Als er sich anschickt, diesen zu untersuchen, stehen schon zwei staatliche Restauratorinnen vor der Tür und legen bald ein altes christliches Fresko frei. Damit beginnt eine Geschichte um Toleranz und Identität und die Bedrohung des Dorffriedens.

Religiöse Konflikte

Historische Zeugnisse belegen, dass die ursprüngliche Kirche nach der Umwandlung in eine Moschee im Zuge der mittelalterlichen Islamisierung den Katholiken einmal wöchentlich für ihren Gottesdienst zur Verfügung gestellt wurde. Der Ziegenhirte ist überzeugt, dass dies auch heute möglich sein müsste, würde es den Kirchenbesuchern doch einen weiten Weg ersparen. Besnik, selbst Muslim, bemüht sich inständig, den Imam und die islamische Gemeinde des Dorfes für diese Idee zu gewinnen. Ohne Konflikte gelingt das nicht.
Auch in seiner eigenen Familie, die von religiöser Vielfalt geprägt ist, gibt es Streitigkeiten. Als Kommunisten, Katholiken, Orthodoxe und Moslems versuchen sie trotzdem, das Leben gemeinsam zu gestalten. Besnik tritt dabei immer wieder als einfühlsamer Vermittler auf.

Der gute Hirte und der muslimische Narr in Christo

Er ist das eigentliche Zentrum des Films. Wenn er mit seinen Schafen durch die Landschaft zieht, erinnert dies an die biblische Figur des Guten Hirten. Als einziger Erwachsener spielt er mit kindlicher Begeisterung Fußball mit den Jungs des Dorfes, die glauben, dass er mit Gott direkt sprechen und vielleicht sogar Wunder wirken kann. Er scheint ein Heiliger zu sein, ein Sufi vielleicht oder eine Jesusgestalt, denn immer stellt er das Wohlergehen der anderen vor sein eigenes.
Obwohl sein Vater ihm verboten hat, die Liebe seines Lebens zu heiraten und ihn damit zutiefst verletzt, ja traumatisiert hat, pflegt er ihn als alten und kranken Mann aufopferungsvoll.
Sein Bruder und seine Schwester reisen mit ihren Familien an, nehmen nach dem Tod des Vaters das Haus in Besitz und verfrachten Besnik auf den Dachboden der Scheune. Auch dies nimmt er geduldig, wenn auch innerlich leidend, auf sich.

Weil seine Güte grenzenlos ist und von den anderen ausgenützt wird – seine Schwester bezeichnet ihn sogar als psychisch krank - , lässt er sich als ein „Narr in Christo“ deuten. Diese „Narren um Christi willen“, meist Heilige der orthodoxen Kirche, lebten in einer radikalen Weise die jesuanische Nächstenliebe, die den normalen Menschen absonderlich erschien. In der heiligen Einfalt der Kinder Gottes und als Brüder aller Unterdrückten übten sie so die Funktion von Mahnern aus.

Ein außergewöhnliches Kunstwerk

„Ein Licht zwischen den Wolken“ ist wahrscheinlich der erste albanische Film, der in Europa ein größeres Publikum erreicht. Die eindringliche Langsamkeit und Bedächtigkeit, mit der die Geschichte erzählt wird, die Aktualität des Themas und die faszinierenden Bilder der landschaftlichen Schönheit machen den Kinobesuch zu einem beeindruckenden Erlebnis.


"Ein Licht zwischen den Wolken", Albanien 2018, 84 Min. alban. OmU, Regie und Buch: Robert Budina

Auszeichnungen

Dreifach ausgezeichnet auf dem Prishtina International Film Festival: Bester Balkan-Film, Beste Schauspielerin und Bester Schauspieler.

Pressestimmen

„Der Film überzeugt durch die ungeschönt realistische Schilderung dieser Welt und die authentischen Figuren. Aus dieser Erdung, den großartigen Bildern und nicht zuletzt dem starken Hauptdarsteller entwickelt diese Parabel bewegende Kraft. - Eine kleine Perle.“ -Walter Gasperi, film-netz.com

„Zeigt eindrucksvoll den Zusammenprall von Tradition und Moderne.“ –  Screen Daily

„Das Beste vom Besten für anspruchsvolle Kinofans: ein wunderschöner Film!“ – Programmkino.de